Die Außenseiterin der Kanaren

Valverde · Einheimische nennen sie „die Verlassene“. Dabei hat El Hierro, Spaniens grünste Insel, viel zu bieten.

 El Sabinar im Westen von El Hierro ist der letzte zusammenhängende Wacholderwald der spanischen Insel. Die Wacholderbäume wurden von Passatwinden deformiert. Foto: Meyer/dpa

El Sabinar im Westen von El Hierro ist der letzte zusammenhängende Wacholderwald der spanischen Insel. Die Wacholderbäume wurden von Passatwinden deformiert. Foto: Meyer/dpa

Foto: Meyer/dpa

(dpa) Sabine Rahtjen hat eine durchaus interessante Art, Urlaubern Lust auf die kleinste der Kanarischen Inseln zu machen. Denn auf ihrer Finca La Paz erzählt sie Besuchern erst einmal, was sie auf El Hierro nicht erwarten dürfen: "Es gibt keine Industrie, keine großen Hotels, keine Autobahnen, keine Kinos, keine Ausgehmeilen, Einkaufszentren, Vergnügungsparks, Golfplätze und nicht einmal Kleinstädte." Doch was gibt es dann überhaupt? "Ein paar kleine Dörfer, unberührte, einsame Natur und viel Ruhe und Entspannung", erzählt Rahtjen, die seit 15 Jahren auf der Kanareninsel lebt.

In Guarazoca kaufte sie eine alte Esel-Farm und wandelte sie zur Bio-Finca mit drei gemütlichen Holzhütten für Urlauber um. Manchmal arbeitet sie als Reiseführerin für die wenigen deutschen Touristengruppen, die es nach El Hierro verschlägt. Doch normalweise baut sie in ihrem Garten Bio-Gemüse für ihre Gäste an. Eier gibt es ebenso wie Ziegenkäse, Joghurt und Milch. Der Hippie-Stil der Finca mag nicht jedermanns Sache sein. Allerdings ist der Entspannungsfaktor hoch. Und grandios sind auch die Ausblicke, die Urlauber von der 600 Meter hoch gelegenen Finca auf den Atlantik und die Nachbarinseln La Palma, La Gomera und Teneriffa haben.

Nur wenige Gehminuten von der Finca entfernt befindet sich der Ausblickspunkt Mirador de la Peña mit Panorama-Restaurant. Tief geht der Blick ins Tal von El Golfo. Hier reifen Ananas, Bananen und Papayas. Reisende bekommen vereinzelt kleine Dörfer zu sehen. Vor allem aber wird klar: El Hierro ist spärlich besiedelt. Gerade einmal 6000 Menschen leben auf der 278 Quadratkilometer großen Vulkaninsel. Im Jahr 2016 verirrten sich 21 000 Besucher auf die Insel. Nur knapp 5000 davon kamen aus dem Ausland. Auf der gesamten Insel stehen 900 Gästebetten zur Verfügung, die meisten in Landhäusern oder Ferienwohnungen.

Das hat aber auch seine Vorteile. Mehrstöckige Bausünden wie auf den anderen Kanaren-Inseln? Fehlanzeige. Müll am Straßenrand oder auf Wanderwegen? Gibt es nicht. Genau so schwer fällt es, sich auf El Hierro Touristenbusse vorzustellen. Vor allem im äußersten Westen des Eilands, wo Paolo Cossovel heute seine Wanderführung beginnt. Hier beherrscht die Natur das Landschaftsbild - und jede Menge Vulkane.

"500 Krater und Vulkankegel gibt es auf El Hierro. Die höchste Vulkandichte auf den gesamten Kanaren", versichert Cossovel. Lavafelder wechseln sich mit dichten Kiefernwäldern ab. In der Hochebene führen Sandpisten zu deformierten, Jahrhunderte alten Wacholderbäumen: dem Wald El Sabinar. Wenige Kilometer weiter taucht Cossovel in die feuchten Nebelwälder von Fayal ein, wo Baumheiden einen Märchenwald bilden. Alle zehn Minuten erleben Reisende eine andere Naturlandschaft, ein anderes Mikroklima.

Auch für Taucher hat die Insel, die im Jahr 2000 von der Unesco zum Biosphärenreservat erklärt wurde, einiges zu bieten. Große Teile der Küste stehen unter Naturschutz, etwa das Meeresschutzgebiet Mar de Las Calmas bei La Restinga im vulkanisch-kargen Süden der Insel. So entwickelte sich das Gebiet zu einem Tauchparadies. Ein Höhepunkt ist El Bajón, eine aus fast 100 Meter Tiefe aufsteigende vulkanische Felsnadel, an der sich Rochen, Barrakudas, riesige Fischschwärme und gelegentlich sogar Walhaie tummeln.

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So erreichen Touristen die Insel El Hierro Es gibt keine Direktflüge nach El Hierro, die Insel wird von Gran Canaria oder Teneriffa aus mit der Fähre oder einem Propeller-Flugzeug erreicht. Informationen über die wenigen Hotels und Ferienhäuser gibt's beim Fremdenverkehrsamt von El Hierro. www.elhierro.travel

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