Der Strand, an dem alles begann

Dubai · Strand und Stadt – das verbindet kaum eine Metropole so gut wie Dubai. Der wohl bekannteste und schönste Küstenstreifen ist Jumeirah Beach. Vor einigen Jahrzehnten lebten hier noch einheimische Fischer und zugewanderte Arbeiter. Heute genießen hier Reisende ihren Urlaub in luxuriösen Hotels.

 Vom Strand Jumeirah Beach in Dubai blicken Urlauber auf das vierthöchste Gebäude der Welt, das Burj al-Arab. Foto: Sobik

Vom Strand Jumeirah Beach in Dubai blicken Urlauber auf das vierthöchste Gebäude der Welt, das Burj al-Arab. Foto: Sobik

Foto: Sobik

Eine halbe Stunde nach Einbruch der Dunkelheit sind nur noch die Träumer am Strand. Die, die im Stillen auf einer Liege oder im warmen Sand sitzen, auf den hellen Mond schauen, auf die Sterne warten - und darauf, dass das Burj al-Arab in 400 Metern Entfernung im Minutentakt die Farbe der beleuchteten Teflonfassade zu wechseln beginnt. Darauf, dass sie erst in Orange, später in Violett und bald darauf in Grün erstrahlt. Die anderen, die hier den Tag in der Sonne verbracht haben, sind bereits gegangen - dorthin, wo jetzt das Leben spielt: in die Bars mit der lauten Musik und in die Restaurants mit und ohne Bauchtänzerin. Ein Vater hockt diesen Abend auf den Knien neben seinem kleinen Sohn ganz vorne im Sand nur haarscharf außerhalb der Reichweite der sanften Wellen des Persischen Golfs. Sie bauen keine Burgen mehr wie früher, sie bauen Türme ganz inspiriert von der Umgebung. Verziert mit Steinchen und Muschelschalen. Und der Kleine arbeitet nun bei Dunkelheit weiter - wie es sich für Dubai gehört. Bis Papa doch noch "Feierabend" ruft, selbst die letzten Muschelschalen in die Fassade drückt und den zufriedenen kleinen Baumeister vom Sand geleitet.

Es ist der Strand, an dem alles begann. Der Strand, an dem das erste Küstenhotel Dubais stand. "Chicago Beach" hieß es, war anfangs vor allem Quartier für Zugereiste, die mit der Offshore-Ölindustrie zu tun hatten und lag damals noch etwa 20 Kilometer außerhalb des Stadtzentrums im Nichts. Die letzten 200 Meter Wüste bis zum Saum der Wellen nannten Fremde, die es hierher verschlug, "Strand". Sie lobten ihn als schön und lang und sauber. Für die Einheimischen blieb es die Wüste: die Gegend, in der sie leben. Die, aus der sie kommen.

Die Leute hier erzählen sich eine Geschichte, wonach die Karriere des Emirates als Urlaubsdestination mit einer Zufallsbegegnung begann. Scheich Mohammed bin Rash-id, einer der Söhne des damaligen Herrschers, fuhr demnach mit seinem Geländewagen an diesem Strand spazieren und sah in der Ferne einen Mann, eine Frau und ihr Kind. Sie wollten gerade im Golf schwimmen gehen, als der Herrschersohn seinen Landrover stoppte und sie fragte, woher sie kämen und wie es ihnen hier in seiner Heimat gefiele. Aus Deutschland seien sie, auf Urlaub, gekommen wegen der herrlichen Sonne, der Hitze sogar. Sie seien hier, weil keine Wolken am Himmel sind. Weil der Strand so schön sein, das Meer flach abfällt, mit 27 Grad Wassertemperatur herrlich warm und weil Dubai von ihrem Zuhause nur fünfeinhalb Flugstunden entfernt sei. Sie schwärmten dem fassungslosen Herrschersohn in einer Weise von seiner Heimat vor, in der er sie nie gesehen hatte. An den Strand gingen die Einheimischen allenfalls lange nach Einbruch der Dunkelheit, um ein Feuer zu machen, zusammen zu singen, zu plaudern. Das Meer war für sie eine Fläche, auf der sich Schiffe bewegten, aber keine Badewanne.

Heute ist derselbe Mohammed bin-Rashid al Maktoum Herrscher von Dubai . Und heute gibt es knapp 95 000 Hotelzimmer und -appartements hier, hunderte Flüge täglich in alle Himmelsrichtungen. Und noch immer ist die Küste Jumeirah Beach der schönste Strand dieses Emirates . Es ist der Strand, wo alles begann.

Das "Chicago Beach Hotel" wurde schon 2001 abgerissen und durch das erheblich größere "Jumeirah Beach Hotel" ersetzt. Wenig später folgte das "Burj al-Arab", 2004 dann der "Madinat Jumeirah"-Komplex wiederum direkt an diesem Strand. Betreiber ist jeweils die Hotelgruppe Jumeirah, deren Name auf jenen Strand abhebt - und an der die Herrscherfamilie 99,6 Prozent der Anteile hält.

Spät in der Nacht ist es so still wie früher an diesem Strand: nur das Rauschen des Meeres, gegen Morgen der eine oder andere Schrei eines Seevogels. Und das Knirschen der eigenen Schritte im Sand. 53 Mitarbeiter sind für die Sauberkeit des Sandes zuständig, die erste Schicht beginnt noch bei Dunkelheit. Und ebenfalls noch bevor die Sonne den Horizont für Momente in milchig-rotes Licht tunkt, sind bereits wieder die ersten Jogger unterwegs. Nur Minuten später beziehen die Rettungsschwimmer in ihren rot-weißen Uniformen wieder ihre 44 Hochsitze auf zwei Küstenkilometern Hotelstrand.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort