Wandern am Viadukt Das Golden Gate von Altenbeken

Altenbeken · Altenbeken ist vom Tourismus kaum berührt. Dabei besitzt der Ort bei Paderborn eine wirklich beeindruckende Sehenswürdigkeit.

 Das Viadukt in Altenbeken wird nachts angestrahlt und leuchtet golden.

Das Viadukt in Altenbeken wird nachts angestrahlt und leuchtet golden.

Foto: dpa-tmn/Hans Jürgen Wessels

Links herum? Oder doch besser rechts? Auf der Höhe am Sommerberg haben Wanderer die Wahl. Für Ulrich Böger, 71 Jahre alt, steht allerdings fest: „Den Viadukt-Wanderweg sollte man rechts herum im Uhrzeigersinn gehen.“ Der Altenbekener muss es wissen. Er ist nicht nur der Pate des 31 Kilometer langen Rundweges. Gemeinsam mit Marion Wessels aus dem Rathaus der Gemeinde hat er die Strecke geplant. „Anlass dafür war im Jahr 2003 das 150-jährige Jubiläum des Großen Viaduktes, des wichtigsten Bauwerkes bei uns“, erinnert sich der rüstige Wandersmann.

Fünf Jahre dauerten die Arbeiten für die Rundroute. Bis zu 20 freiwillige Helfer vom Eggegebirgs-Wanderverein halfen, die Beschäftigten des Bauhofes packten kräftig mit an. 2008 wurde der Viadukt-Wanderweg eröffnet, ein Jahr später als Qualitätsweg Wanderbares Deutschland ausgezeichnet. Bis heute trägt er dieses Prädikat.

In zwei Etappen ist der 30,8 Kilometer lange Rundkurs bequem zu erwandern, sportliche Tourengeher schaffen die als mittelschwer eingestufte Route auch an nur einem Tag. Doch niemand sollte sich täuschen: Die mitunter knackigen Anstiege aus den Tälern der Flüsschen Beke, Durbeke und Dune auf die Höhenrücken von Sommerberg und Winterberg gegenüber summieren sich auf 985 Höhenmeter.

Die Landschaft des Viadukt-Wanderweges ist abwechslungsreich: Buchenwald, Fichtenstücke, Äcker und Kuhweiden. Im Frühling duftet der Bärlauch im idyllischen Durbeketal. Im Herbst tragen die alten Buchenwälder leuchtende Farben. An fünf Quellen führt die gut markierte Strecke vorüber.

Wer den Rundweg an einem Tag durcheilt, der verzichtet auf längere Pausen, etwa an der Aussichtsplattform mit Blick auf das Große Viadukt. Majestätisch überspannt der Brückenkoloss aus heimischem Kalksandstein das Tal der Beke: 482 Meter lang, 35 Meter hoch mit 24 Bögen. Nach nur zweijähriger Bauzeit wurde das Viadukt am 21. Juli 1853 durch Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. eröffnet. Mit dem Brückenschluss wurde eine durchgehende West-Ost-Eisenbahnverbindung geschaffen. Auch der erste deutsche D-Zug, der D 31/32 zwischen Köln und Berlin, legte in Altenbeken ab dem 1. Mai 1892 einen Halt ein.

Zum Jubiläum der Talbrücke im Jahr 2003 wurden drei der 24 Bögen probehalber beleuchtet. Marion Wessels aus dem Rathaus erzählt: „Das goldene Licht war so beeindruckend, dass durch einen Spendenaufruf 70 000 Euro zusammenkamen und heute 20 der 24 Bögen nachts beleuchtet werden.“ Das Viadukt strahlt als Golden Gate von Altenbeken.

Die Golden-Gate-Brücke erinnert an die goldenen Jahre des Eisenbahn-Knotenpunktes Altenbeken. Zu besten Zeiten boten Bahn und Post hier weit über 1000 Arbeitsplätze. Was Kohle und Stahl für das Ruhrgebiet, waren Bahn und Post für den kleinen Ort. Altenbeken war nicht nur Standort schwerer Dampfloks, sondern auch Umsteigebahnhof und bedeutender Umschlagplatz für Päckchen, Pakete und Briefe. Um Mitternacht wurden Postzüge und Bahnpostwagen bestückt. Millionen Sendungen im Akkord.

„Das lief so bis in die 1990er Jahre, dann kam der Niedergang“, sagt Ingo Klüter. Wanderer können den 51-Jährigen zusammen mit seiner Schwester Anke Lober, 54, im Bahnhofskiosk antreffen. Wenn gerade niemand nach belegten Brötchen, Cola oder Fahrkarten verlangt, erzählt Ingo gerne von seinen goldenen Zeiten als Bahnhofswirt.

Die Post wird nun per Lkw transportiert, die Fahrpläne sind eng getaktet. Früher mussten Reisende eine Stunde und länger in Altenbeken beim Umsteigen auf ihren Anschlusszug warten – Zeit für Kaffee, ein Bier oder ein Essen in der Bahnhofswirtschaft.

Heute vergehen nur ein paar Minuten zwischen zwei Zügen: Von den Regionalbahnen kurz vor elf am Morgen zum Umsteigen in den ICE 41 von Düsseldorf nach München, das von Altenbeken in rund vier Stunden erreicht wird. Bahnhofswirt Klüter folgte dem Zug der Zeit und machte am 4. Juni 2013 die Gaststätte zwischen den Gleisen für immer dicht – eine der Letzten ihrer Art in Deutschland.

 Altenbeken in Nodrhein-Westfalen

Altenbeken in Nodrhein-Westfalen

Foto: SZ/Müller, Astrid

Derweil ist Ulrich Böger schon wieder auf dem Viadukt-Wanderweg unterwegs. Der Wegepate kontrolliert die Route: „Schließlich wollen wir, dass die Strecke weiter Qualitätsweg bleibt und viele Wanderer zu uns kommen.“

(dpa)
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