Rotwein und Kunstgenuss Kunst zwischen den Weinreben Frankreichs

Moulis-en-Médoc · Viele französische Winzer sind nicht nur Weinkenner, sondern auch Kunstliebhaber. Ihre Güter haben sie in Ausstellungen verwandelt.

 Der Künstler Daniel Buren hat den Eingangsbereich der Commanderie Peyrassol im Südosten Frankreichs in ein riesiges Kaleidoskop verwandelt.

Der Künstler Daniel Buren hat den Eingangsbereich der Commanderie Peyrassol im Südosten Frankreichs in ein riesiges Kaleidoskop verwandelt.

Foto: dpa-tmn/Sabine Glaubitz

Frankreich ist bekannt für seine Weine. Manchen Winzern reicht es nicht, nur die Reben zu pflegen und sie zu kultivieren: Sie bauen ihre Châteaus zu Kunstmuseen aus.

„Kunst und Wein sind Leidenschaften von mir und meiner Frau Céline. Und beide vereinen wir hier“, erklärt Jean-Pierre Foubet. In vielen Ecken seines Weinguts finden Besucher Kunstwerke. Selbst der Keller, in dem der Rotwein zwölf bis 18 Monate lagert, ist von einem Künstler gestaltet worden. Der Schweizer Maler Félice Varini spielt hier mit der Wahrnehmung des Betrachters: Rote Dreiecke scheinen in den Raum hineinzuragen, sind aber doch nur geschickt an Wänden und Balken aufgemalt.

Das Weingut Chasse-Spleen liegt rund 45 Minuten von Bordeaux entfernt in Moulis-en-Médoc. Schon die Herkunft des sprechenden Namens, der übersetzt etwa „die Schwermut verjagen“ bedeutet, verrät, dass hier Wein und Kunst aufs Engste verbunden werden. Er soll auf die 1857 in „Les Fleurs du Mal“ erschienenen Gedichte des Kapitels „Spleen et Idéal“ Charles Baudelaires zurückgehen. Der Gedichtband wurde vom Maler Odilon Redon (1840-1916) illustriert, der einst ein Nachbar des Weinguts war. Eine andere Version der Geschichte führt den Namen des Weinguts auf Lord Byron zurück. Der britische Dichter soll bei seinem Besuch 1821 gesagt haben: „Dieser Wein verjagt wie kein anderer die düsteren Ideen.“ Ex-Präsident Georges Pompidou scheint diese Meinung geteilt zu haben, denn die Chasse-Spleen-Weine soll der Staatschef bevorzugt haben.

Mit rund 105 Hektar Terrain gehört das Gut zu den großen Landgütern der Region Médoc. Nahe der Einfahrt zum Schloss ragen zwei etwa fünf Meter hohe Gärtnerstiefel in die Höhe. Die Skulptur stammt vom französischen Künstler Lilian Bourgeat und steht hier aus persönlichen Gründen, verrät Jean-Pierre: Bevor Céline das Weingut von ihren Eltern übernahm, war sie auch als Landschaftsarchitektin tätig. Vor rund zwei Jahren hat das Ehepaar ein Kunstzentrum eingeweiht mit dem Credo: Wein erzeugt Gefühle, doch die Emotionen, die Kunst auslösen kann, sind um ein Vielfaches stärker. Eröffnet wurde der 300 Quadratmeter große, im zellenartigen White Cube-Stil renovierte Bau mit ­Arbeiten des 2011 verstorbenen Künstlers Rolf Julius.

In der Provence im südöstlichen Frankreich, nahe bei Le Luc, liegen die Weinberge der Commanderie de Peyrassol, einer Region am Fuß des Gebirgszugs Massif des Maures. Ihr Ursprung geht auf das 13. Jahrhundert zurück: Mitglieder des Templerordens hatten dort für Pilger auf dem Weg ins Heilige Land eine Herberge gegründet. Ein Dokument auf Pergament aus dem Jahr 1256 zeugt bereits von einem „bon vin franc“, einem guten, freimütigen Wein.

Dass Kunst und Wein sich auch hier gut ergänzen, ist schon auf dem schmalen Weg zu erkennen, der sich durch die Reben zum Anwesen schlängelt. Links von ihm stehen zwei monumentale Weingläser des US-amerikanischen Künstlers Dennis Oppenheim (1938-2011), die sich in ein rotes Blumenfeld ergießen. Die Skulpturen sind mit dem Unternehmer Philippe Austruy eingezogen, der das Land 2001 erwarb.

Weingüter in Frankreich entdecken Kunst für sich
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Kunst zwischen den Weinreben

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Foto: dpa-tmn/Simon Schwyzer

Die gepressten Trauben gären im Weingut Peyrassol in riesigen Edelstahlbehältern, auf die man durch den Glasboden der Terrasse des Hauptgebäudes hinuntersehen kann. Vom Anbau aus hat man zudem einen herrlichen Blick auf die Reben und den Skulpturenpark, in dessen Mitte „Clément“ thront, eine zwölf Meter hohe Messingplastik von Jean-Jacques Tosello. Sie stellt einen Tempelritter dar – eine Anspielung auf die jahrhundertalte Geschichte von Peyrassol. Der Skulpturenpark besteht aus über 60 Werken. Ausstellungen und einen Einblick in die Sammlung von Austruy bietet das 2016 eröffnete, rund 800 Quadratmeter große Kunstzentrum in Peyrassol mit einem Wasserbecken als Dach.

Wein und Kunst gibt sich auch der Ire Patrick McKillen auf dem Château La Coste hin, das sehr auf Touristen eingestellt ist. Das Weingut, das für seinen „Rosé d’une nuit“ bekannt ist, liegt in Richtung Aix-en-Provence, knapp 130 Kilometer von Peyrassol entfernt. Jährlich werden hier 700 000 Flaschen produziert, davon 60 Prozent Rosé, 30 Prozent Rotweine und 10 Prozent Weißweine.

 Reisekarte Moulis-en-Medoc

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Foto: SZ/Steffen, Michael

Seit der Geschäftsmann das Land erworben hat, rund die Hälfte ist dem Weinanbau gewidmet, sorgt La Coste für Schlagzeilen, zuletzt 2016 wegen der Eröffnung eines Fünf-Sterne Hotels mit Blick auf den Skulpturenpark und wegen des von Japans Stararchitekten Tadao Ando ­entworfenen Kunstzentrum aus dem Jahr 2011. 

(dpa)
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