Schmerzen beim Treppensteigen: Hartz IV zahlt teurere Wohnung

Gießen · Das Jobcenter übernimmt bei Beziehern von Hartz IV die Kosten für eine angemessene Wohnung. Was angemessen ist, hängt auch vom Gesundheitszustand der Betroffenen ab.

Gießen. Eine Frau, die unter erheblichen Schmerzen beim Treppensteigen leidet, bekommt vom Jobcenter einen höheren Zuschuss zu den Kosten ihrer neuen Wohnung. Das Sozialgericht Gießen hat der Hartz-IV Bezieherin höhere Unterkunftskosten zuerkannt (Az.: S 25 AS 832/12 ER).

Die 59-jährige Frau in dem vom Rechtsportal Juris veröffentlichten Fall bewohnte zusammen mit ihrem Sohn eine Mietwohnung im vierten Stock eines Hauses. Ein Aufzug war nicht vorhanden. Das Jobcenter zahlte ihr einschließlich Heizung die Hälfte der Wohnungskosten - das ergab einen Betrag von 191,70 Euro monatlich. Die andere Hälfte übernahm ihr Sohn. Aber die Frau wollte umziehen. Im August 2012 beantragte sie beim Jobcenter die Zustimmung zum Umzug. Ab dem 1. Oktober 2012 war es dann so weit. Nun lebte die Frau in einer neuen Wohnung. Die Miete betrug einschließlich Nebenkosten 599 Euro im Monat.

Aber das Jobcenter weigerte sich, einen entsprechend höheren Zuschuss zu den Wohnungskosten zu zahlen. Es hatte auch dem Umzug nicht zugestimmt, weil es ihn nicht für notwendig hält. Das Sozialgericht hat diese Linie nicht akzeptiert und das Jobcenter nun verpflichtet, die Kosten für die teurere Wohnung anteilig in Höhe von 299,50 Euro monatlich zu übernehmen.

Begründung: Die Frau habe einen Knorpelschaden im rechten Kniegelenk und Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Das habe der behandelnde Orthopäde festgestellt. Er habe die Auffassung vertreten, dass seine Patientin ihre Einkäufe nicht mehr beschwerdefrei in den vierten Stock zu ihr alten Wohnung tragen tragen könne.
Das Sozialgericht holte dazu Befundberichte bei drei Ärzten ein. Anschließend wertete es die Schmerzen beim Treppensteigen für ausreichend, um den Umzug zu rechtfertigen. Auch ein Nichthilfebedürftiger würde umziehen, wenn das Treppensteigen dauerhaft mit Schmerzen verbunden wäre. Die Anforderungen an die Erforderlichkeit eines Umzugs dürften demnach beim Vorliegen gesundheitlicher Gründe nicht überzogen werden. red/wi

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