Grundstück mit Gift belastet: Klage vor Gericht trotzdem abgewiesen

Köln · Auch vor Gericht gilt: Wer voran kommen will, der sollte immer einen Schritt nach dem anderen tun. Wer zu früh in die Zukunft springen will, der riskiert deshalb eine Bauchlandung. So geschehen bei der Klage rund um ein Grundstück, das mit Kerosin belastet ist.

Der erste Reflex ist klar: Mein Grundstück ist mit Chemikalien belastet - dann ist es weniger wert - und ich will sofort Schadensersatz für den Minderwert. So weit, so falsch. Denn das Oberlandsgericht Köln hat kürzlich die Klage der Eigentümer eines mit Kerosin versuchten Grundstücks auf Ersatz von fast 900 000 Euro Minderwert als verfrüht abgewiesen. Motto: Die Kläger hätten zwar Anspruch auf Schadensersatz - aber der gehe erst einmal in Richtung Sanierung des Geländes und Ausgleich vorhandener Einschränkungen. Dadurch verringere sich Stück für Stück die Belastung des Geländes und mit ihr der Minderwert des Grundstücks. Abgerechnet werde dann im Detail erst am Schluss. Für die Kläger wird dieses Urteil teuer. Sie müssen mit Gerichts- und Anwaltskosten in der Größenordnung von mehr als 50 000 Euro rechnen.

Die Betroffenen sind Eigentümer eines gut 6 000 Quadratmeter großen Grundstücks, das sie zumindest überwiegend gewerblich vermietet haben. Ganz in der Nähe liegt eine Raffinerie von Shell, aus der längere Zeit Kerosin ausgelaufen ist. Im Bereich des Grundstücks ist dadurch unterirdisch ein Kerosinsee entstanden. Die Kläger verlangen deshalb von Shell Ersatz des merkantilen Minderwertes des Grundstücks. Diesen haben sie mit fast 900 000 Euro beziffert.
Das Landgericht hat die Klage in erster Instanz abgewiesen. Dieses Urteil wurde vom Oberlandesgericht bestätigt. Begründung: Wegen der Kontamination des Erdkörpers liege eine Eigentumsverletzung vor. Deshalb sei Shell umfassend zum Schadensersatz verpflichte, was dieses Unternehmen auch anerkannt habe. In dem aktuellen Verfahren hätten die Kläger jedoch ausschließlich einen Anspruch auf Ersatz von Schaden in Gestalt eines merkantilen Minderwertes zum Gegenstand gemacht. Ein solcher Schaden bestehe darin, dass unabhängig von Substanzschaden, Nutzungsbeeinträchtigungen oder Schadensbeseitigungsaufwendungen auch nach vollständiger Sanierung der beschädigten Sache ein Minderwert verbleibe. Die klagenden Grundeigner hätten einen Minderwert in diesem Sinne jedoch nicht dargelegt. Es fehlten nachvollziehbare Ausführungen zum anzunehmenden realen Grundstückswert nach vollständiger Sanierung verglichen mit dem hypothetischen Grundstückswert bei Fehlen des Schadensfalles. Und von einer Reduzierung des Geländewertes auf "Null" könne nicht ausgegangen werden, weil das Grundstück nach wie vor uneingeschränkt gewerblich genutzt werde.

Vor diesem Hintergrund hätten die Kläger die falsche Klageart gewählt. Sie könnten stattdessen ihre Rechtsposition über eine Feststellungsklage absichern. Motto: Es wird festgestellt, dass Shell nach Ende der Sanierung den Klägern einen dann noch vorhandenen Minderwert ersetzt. Außerdem könnten die Kläger wegen jeder Nutzungsbeeinträchtigung oder der behaupteten Unverkäuflichkeit des Grundstücks konkrete Ansprüche geltend machen. All dies hätten sie jedoch nicht zum Gegenstand des Zivilverfahrens gemacht (Az.: 12 U 44/13). red/wi

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