Nachbarn streiten vor Gericht Schlechter TV-Empfang wegen eines Baums des Nachbarn: Gibt das Geld?

Koblenz · Welche Rechte hat jemand, der von Bäumen des Nachbarn bei der Nutzung seines Grundstücks beeinträchtigt wird? Dazu ein aktuelles Gerichtsurteil.

 Eine Frau sitzt vor einem Fernseher und hält eine Fernbedienung in der Hand.

Eine Frau sitzt vor einem Fernseher und hält eine Fernbedienung in der Hand.

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Wenn es unter Nachbarn Streit gibt, dann geht es oft um Thuja-Hecken oder andere Groß-Pflanzen. So wie im Fall einer Gemeinde, die mit einem Baum den Satelliten-Empfang des Fernsehfreundes von nebenan schmälerte. Der ließ deshalb seine Satellitenschüssel versetzen und forderte mehrere Hundert Euro Schadensersatz. Die Kommune wollte nicht zahlen. Also zog der Nachbar vor Gericht. Dort hatte seine Klage in zwei Instanzen keinen Erfolg. Warum das so ist, das hat das Landgericht Koblenz in zweiter Instanz erklärt (Az.: 6 S 204/18).

Dabei geht es zunächst um die Eckpunkte des Sachverhalts: Der Betroffene ist demnach Eigentümer eines Grundstücks. Vor dem Gelände pflanzte die Gemeinde entlang der Straße einen Baum. Der spätere Kläger war der Meinung, dass sein Satellitenempfang durch diesen Baum gestört sei. Aber die Gemeinde weigerte sich, die Baumkrone zu kürzen. Also ließ der Mann den Standort seiner Satellitenanlage durch einen Fachbetrieb verlegen, um störungsfrei Fernsehen zu schauen. Die Kosten hierfür in Höhe von 439,68 Euro zuzüglich erbrachter Eigenleistungen im Gegenwert von 350,30 Euro verlangte er von der Gemeinde als Schadensersatz. Das Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler wies die entsprechende Klage in erster Instanz ab.

In den Urteilsgründen stellte das Amtsgericht klar, dass bei einer Störung des Satellitenempfangs der „verursachende“ Nachbar nur dann zum Schadensersatz verpflichtet sei, wenn er gegen Rechtsnormen, wie das Landesnachbarrechtsgesetz (LNRG) verstoße. Diese Vorschriften beruhten auf einer detaillierten gesetzgeberischen Abwägung der widerstreitenden nachbarlichen Interessen. Das LNRG enthalte entsprechend abgestufte Abstandsregelungen nach Art und Höhe der jeweiligen Pflanze und berücksichtige dabei auch das öffentliche Interesse an einer Begrünung. Im Verhältnis untereinander, so das Amtsgericht weiter, könne ein Nachbar grundsätzlich darauf vertrauen, dass er sein Grundstück nach freier Wahl bepflanzen dürfe, sofern er den landesrechtlich vorgeschriebenen Abstand wahre. Ein Verstoß gegen Abstandsregelungen sei im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Auch eine ungewöhnlich schwere Eigentumsbeeinträchtigung des Betroffenen liege nicht vor. Deshalb werde seine Klage abgewiesen.

Der Kläger wollte diese Entscheidung nicht akzeptieren und legte Berufung beim Landgericht Koblenz ein. Ohne Erfolg. In einem Hinweisbeschluss betonte die zuständige Zivilkammer zweiter Instanz, das Amtsgericht habe zutreffend einen Anspruch auf Schadensersatz verneint, weil die Störung des Satellitenempfangs keine Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne des Zivilrechts darstelle. Bei der Abschattung des klägerischen Grundstücks durch die Baumkrone handele es sich um eine so genannte negative Einwirkung. Negative Einwirkungen seien solche, bei denen jemand ein Grundstück innerhalb dessen Grenzen benutze und dadurch zugleich dem angrenzenden Grundstück gewisse Vorteile entziehe. Eine solche, ein Nachbargrundstück nicht unmittelbar räumlich betreffende Einwirkung stelle grundsätzlich keine Beeinträchtigung des Eigentums dar. Sie könne nur dann abgewehrt werden, wenn die betreffende Grundstücksbenutzung gegen Rechtsnormen aus dem Nachbarrecht, oder dem Baurecht verstieße. Dies sei nach den insoweit bindenden Feststellungen des Amtsgerichts nicht der Fall.

Das Landgericht weiter: Auch ein Anspruch nach den Grundsätzen des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses sei zu verneinen. Denn ein solcher Anspruch sei auf Ausnahmefälle beschränkt und nur gegeben, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheine. Dazu müsse eine unzumutbare Beeinträchtigung des Nachbarn vorliegen. Auch dies sei, wie das Amtsgericht zu Recht ausgeführt habe, nicht erkennbar.

So weit die rechtlichen Hinweise in zweiter Instanz. Im Anschluss hat der betroffene Grundstückeigentümer die Berufung zurückgenommen. Die Entscheidung des Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler aus erster Instanz ist damit rechtskräftig.

Anhang / Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB):

§ 823 Schadensersatzpflicht
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

§ 906 Zuführung unwägbarer Stoffe
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. […]

§ 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen. […]

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