Rechtsanwalt wegen Veruntreuung von Mandanten-Geld verurteilt

Saarbrücken · Ein Anwalt gerät in Geldnot, weil einige Mandanten ihre Rechnungen nicht bezahlen. Daraufhin stopft er die Löcher mit dem Geld, dass er von einer Versicherung für andere Mandanten bekommt. Das war Untreue, sagt die Strafjustiz.

Rechtsanwalt wegen Veruntreuung von Mandanten-Geld verurteilt
Foto: Boris Roessler (dpa)



Das Landgericht hat einen Anwalt aus dem Saarland in zweiter Instanz wegen Untreue zu einer Haftstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Inhaber einer Einzel-Kanzlei hatte 16 000 Euro Schadensersatz von einer Versicherung erst mit fast zwei Jahren Verspätung komplett an die betroffenen Mandaten weitergeleitet. In erster Instanz vor dem Amtsgericht war er deshalb zu einer Geldstrafe von 3200 Euro (80 Tagessätze) verurteilt worden.

Das war der Staatsanwaltschaft zu wenig. Sie wollte wohl auch aus Gründen der Abschreckung eine Bewährungs-Haftstrafe, ging in Berufung und hatte damit Erfolg. Kein Glück hatte dagegen der Anwalt mit seinem Antrag auf Freispruch in eigener Sache. Er begründete dies damit, dass er in einer akuten finanziellen Notlage falsch gehandelt habe, das Geld aber später mit Zinsen an die Betroffenen gezahlt habe. Wörtlich sagte er dazu: "Ich habe mich bis in den Boden geschämt."

Gleichzeitig betonte der Jurist, der seit fast drei Jahrzehnten im Geschäft ist, aber auch ausdrücklich: Er habe sich mit dem Geld keinen Luxus gegönnt. "Ich habe einfach nur versucht, meinen Geschäftsbetrieb am Laufen zu halten." In den Jahren zwischen 2011 und 2014 habe seine Kanzlei eine finanzielle Durststrecke überwinden müssen. Diverse Mandanten hätten ihre Rechnungen nicht bezahlt, wodurch nach und nach Außenstände in Höhe von rund 100 000 Euro aufgelaufen seien. Gleichzeitig hätten Finanzamt und andere Gläubiger aber auf pünktliche Zahlung gepocht. Daraufhin seien die Kanzleikonten ins Minus gerutscht.

In dieser Zeit der Finanznot ging im Juli 2013 auf einem der beiden Konten ein größerer Geldbetrag von einer Versicherung ein. Das Geld war der Schadensersatz nach einem Unfall, bei dem ein kleines Mädchen verletzt worden war. Unter Abzug seiner Anwaltsgebühren hätte der Angeklagte davon rund 16 000 Euro schnellstmöglich an seine Mandaten, die Eltern des Kindes, weiterleiten müssen. Aber das tat der Jurist nicht. Mit dem Geldsegen von der Versicherung war das Kanzleikonto im Plus und konnte wieder zur Bezahlung geschäftlicher und auch privater Dinge genutzt werden. Danach war nicht mehr genug übrig. Wenn die Mandaten anriefen und nach dem Geld von der Versicherung fragten, wiegelte der Anwalt ab.

Erst als die Eltern des Mädchens bei der Versicherung nachfragten und anschließend ihren Anwalt mit der Wahrheit konfrontierten, gab der Jurist alles zu. Gleichzeitig betonte er nach Aussage der Eheleute jedoch, dass er nicht in der Lage sei, den Betrag auf einen Schlag komplett zu bezahlen. Aber vereinbarte Raten seien nur stockend geflossen. Fazit der Eheleute: "Wir mussten Angst haben, dass wir das Geld für unsere Tochter nicht mehr bekommen." Also nahm sich die Familie einen anderen Anwalt. Der zog alle Register, auch die Staatsanwaltschaft wurde aktiv und schließlich waren die 16 000 Euro nebst Zinsen und Kosten Mitte 2015 voll bezahlt.

Trotz dieser Wiedergutmachung des Schadens sei das Ganze ein Fall von Untreue, so das Fazit des Landgerichts. Diese Straftat liege bereits in dem Moment vor, wo ein Anwalt das Geld seiner Mandanten nicht zeitnah weiterleiten könne. Es müsse eben immer genug Guthaben auf dem Kanzleikonto sein, um alle fälligen Forderungen der Mandantschaft auszugleichen. Deshalb sei eine saubere Trennung zwischen dem Geld der Mandaten, dem Geld der Kanzlei und dem privaten Geld des Anwaltes geboten. Das funktioniere am Besten mit einem speziellen Fremdgeldkonto nur für das Geld der Mandanten, das rein auf Guthabenbasis geführt werde, so die Strafrichter. Aber ein solches Konto habe der Angeklagte nicht gehabt. Er habe die Gelder nicht sauber getrennt.

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