Gebühren-Schock: Stadt will 65 000 Euro

Saarlouis/Saarbrücken · Achtung: Wer für seinen Neubau eine Ausnahme von der Planfeststellung beantragt, muss dafür eventuell teuer bezahlen. Als Maßstab für die Gebühr gilt nämlich seit 2001 nicht nur der Zeitaufwand beim Amt, sondern auch der Wert des Baus.

 Symbolfoto.

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Foto: Arne Dedert (dpa)

Das wird teuer für einen Saarbrücker Geschäftsmann. Er wollte im Hof hinter einer Einkaufsstraße einen Laden mit einem Lager in der ersten Etage bauen. Der Bebauungsplan lässt aber seit mehr als 50 Jahren im großen Hof nur eine eingeschossige Bebauung zu. Kein Problem, dachte der Bauherr und beantragte bei der Stadt eine Ausnahmegenehmigung. Aber mit der Ausnahmeerteilung (Dispens) kam eine saftige Gebührenrechnung. 65 543,10 Euro forderte die Stadt. Der Bauherr fiel aus allen Wolken, schließlich dürfte der Befreiungsbescheid beim Amt nur ein paar Stunden Arbeit gekostet haben. Also legte der Bauherr Widerspruch ein. Vergebens. Dann klagte der Mann vor dem Verwaltungsgericht. Ebenfalls ohne Erfolg (Az.: 5 K 1922/13).
Neue Regeln gehen ins Geld

Die Richter stuften den Gebührenbescheid der Stadt als rechtmäßig ein und wiesen die Klage des Bauherrn ab. Die rund 20-seitige Urteilsbegründung zeigt, dass dem Kläger offenbar eine Rechtsänderung von 2001 zum Verhängnis wurde. Bis dahin galt der Aufwand der Behörde für eine Amtshandlung als Hauptmaßstab für die Verwaltungsgebühr. Die Befreiung von Festsetzungen eines Bebauungsplanes kostete zwischen 60 und 30 000 D-Mark (30 bis 15 000 Euro ). Im konkreten Fall wäre dies bei dem zusätzlichen Lagergeschoss auf einem ansonsten zulässigen eingeschossigen Bau mit Keller wohl nicht so teuer geworden. Diese Erfahrung hatten jedenfalls Hof-Nachbarn des Bauherrn gemacht, die früher Dispens bekommen hatten.

Doch nach der Änderung von 2001 und 2008 wurde der Wert des durch den Dispens ermöglichten Bauwerks zum Maßstab für die Gebühr. Diese wird nun errechnet aus der umbauten Fläche in Quadratmetern und dem örtlichen Bodenrichtwert in Euro pro Quadratmeter. Dabei spielt auch die beabsichtigte Nutzung des Bauwerks eine Rolle. Der Wert von Wohnräumen ist höher als der von Lagerflächen. Im konkreten Fall ergab die ganze Rechnung bei 189,98 Quadratmetern Lager in der ersten Etage eine Dispens-Gebühr von 65 543,10 Euro .

Aus Sicht der Richter ist diese Rechnung nicht zu beanstanden. Sowohl die Kostendeckung der Verwaltung als auch die Abschöpfung des Vorteils beim Betroffenen seien verfassungsrechtlich legitime Zwecke der Gebührenerhebung.

Allerdings verbiete die Verhältnismäßigkeit eine Gebühr, die völlig außer Verhältnis zu den Kosten der gebührenpflichtigen Leistung stehe.
Gerichte legen die Hürde hoch

Aber wann ist eine Gebühr unverhältnismäßig? Die Antwort suchten und fanden die Saarlouiser Verwaltungsrichter in anderen Urteilen.

Eine Gebühr ist danach unverhältnismäßig, wenn sie die Kosten des Verwaltungsaufwandes um das 4400-fache übersteigt, so das Bundesverwaltungsgericht . Etwas weniger streng und bürgerfreundlicher argumentiert das Oberverwaltungsgericht Münster. Es hält eine Verwaltungsgebühr für unverhältnismäßig, wenn sie den Aufwand der Behörde um das Tausendfache überstieg.

Im konkreten Fall waren diese hohen Hürden nicht zu schaffen. Hier wäre die Dispensgebühr erst dann unverhältnismäßig, wenn der Verwaltungsaufwand weniger als 14,90 Euro beziehungsweise weniger als 65,55 Euro betragen habe. Erst dann wäre die Gebühr 4400-mal beziehungsweise 1000-mal so hoch wie der Verwaltungsaufwand.

Davon sei aber mit Blick auf die Stundensätze im öffentlichen Baurecht nicht auszugehen, urteilen die Verwaltungsrichter . Danach liege der Satz pro angefangener Arbeitsstunde zwischen 76,30 Euro bei einem Beamten des höheren Dienstes und 58,90 Euro bei einem Beamten des gehobenen Dienstes. Entsprechend kann die Gebühr im konkreten Fall sogar bei der Annahme von lediglich ein bis zwei Arbeitsstunden für den Dispens nicht unverhältnismäßig sein. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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