Blutiger Streit zwischen Fernfahrern lotet Grenzen der Notwehr aus

Saarbrücken · Der Bundesgerichtshof hat in einem Fall aus dem Saarland die Grenzen der Notwehr ausgelotet. Ergebnis: Auch ein Schlag mit einer Eisenstange auf den Kopf eines Angreifers kann in einer konkreten Situation notwendig sein.

 Symbolfoto.

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Foto: Karl-Josef Hildenbrand (dpa)



Das Landgericht Saarbrücken hat in dritter Instanz einen Fernfahrer aus Polen vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen. Der 29-Jährige hatte im Dezember 2014 auf dem Parkplatz der Ford-Werke in Saarlouis einem Kollegen mit einer Eisenstange auf den Kopf geschlagen. Der 48-Jährige erlitt einen lebensgefährlichen Schädelbruch.

Die Männer waren zur Tatzeit massiv alkoholisiert. Sie und andere Fernfahrer rasteten damals mehrere Tage auf dem Parkplatz. Sie warteten übers Wochenende auf die Entladung ihrer Lastwagen. Gegen Abend schlief der Angeklagte nach Feststellung der Richter in seinem Sattelzug. Plötzlich wurde er wach, weil jemand im Auto war. Der 29-Jährige wehrte sich, schlug mit einer Flasche zu. Dann stürzten er und der Angreifer raus. Der 48-Jährige griff erneut an. Daraufhin schlug der Angeklagte mit einer Eisenstange aus dem Bordwerkzeug zu. Anschließend rief er die anderen Fernfahrer zu Hilfe und betätigte sofort den Notruf. Damit dürfte er das Leben des schwer verletzten Kollegen gerettet haben, der gerade noch rechtzeitig in eine Klinik eingeliefert werden konnte.

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten daraufhin im Juni 2015 wegen gefährlicher Körperverletzung zu zweieinhalb Jahren Gefängnis. Es billigte ihm keine Notwehr zu. Denn Notwehr sei die angemessene Verteidigung bei einem Angriff. Und im konkreten Fall sei der Schlag auf den Schädel überzogen gewesen. Der Angeklagte hätte stattdessen auf die Arme oder Beine des Gegenübers schlagen können. Oder er hätte einfach weglaufen und die anderen Fernfahrer zur Hilfe rufen können.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe sah dies etwas anders. Er schickte den Fall zur erneuten Verhandlung zurück ins Saarland und wies darauf hin, dass Notwehr die angemessene und notwendige Gegenwehr sei, die einen konkreten Angriff sicher beenden kann. Daraufhin billigte das Landgericht dem Angeklagten nun in dritter Instanz Notwehr zu. Nach dem mehrfachen Angriff des Gegenübers und der erfolglosen Gegenwehr mit einer Flasche, habe der 29-Jährige zur Eisenstange greifen und zuschlagen dürfen. Dabei habe er in der konkreten Situation so zuschlagen dürfen, dass seine Gegenwehr dieses Mal erfolgreich war.

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