Augen auf: Spazieren im Saar-Wald passiert auf eigene Gefahr

Karlsruhe · Waldbesitzer im Saarland und anderswo müssen nicht länger haften, wenn ein Spaziergänger durch Astbruch verletzt wird. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Karlsruhe. Wer muss haften, wenn im Wald jemand beim Spaziergang durch einen herabfallenden Ast schwer verletzt wird? Das Oberlandesgericht Saarbrücken hatte dafür im November 2011 einen Privatwaldbesitzer verantwortlich gemacht und ihn zur Zahlung von Schadensersatz an die verletzte Frau verurteilt. Dieses Urteil sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Der Bundesgerichtshof hat es jetzt aufgehoben (Az.: VI ZR 311/11).

Der Fall: Als die spätere Klägerin im Juli 2006 bei sehr warmem Wetter und leichtem Wind auf einem Forstwirtschaftsweg durch ein Waldgrundstück ging, brach von einer circa fünf Meter neben dem Weg stehenden Eiche ein langer Ast ab und traf sie am Hinterkopf. Die Frau erlitt eine schwere Hirnschädigung und forderte Schadensersatz von dem Waldbesitzer sowie einem bei ihm angestellten Diplom-Forstwirt. Das Landgericht Saarbrücken wies diese Klage in erster Instanz ab. Die verletzte Frau ging in Berufung. Daraufhin gab das Oberlandesgericht der Verletzten in zweiter Instanz dem Grunde nach Recht. Begründung: Ein privater Waldbesitzer, der weiß, dass sein Wald von Erholungssuchenden frequentiert wird, sei zumindest eingeschränkt verkehrssicherungspflichtig. Er sei gehalten, in gelegentlichen Begehungen die am Rande der Erholungswege stehenden Bäume zu kontrollieren und einzuschreiten, wenn sich ihm konkrete Anhaltspunkte für eine besondere, unmittelbare Gefährdung böten. Diese Voraussetzungen bejahte das Oberlandesgericht im Streitfall, da von dem unfallverursachenden Baum schon lange eine akute Gefahr ausgegangen sei. Diese hätte ein geschulter Baumkontrolleur bei einer Sichtkontrolle vom Boden aus erkennen müssen, so die Oberrichter.

Der Waldbesitzer und sein Mitarbeiter gingen in Revision. Daraufhin hat der für Schadensersatzrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs das Urteil des Oberlandesgerichts gekippt und die Klage der Frau abgewiesen. Die Bundesrichter verneinten eine Haftung der Beklagten. Begründung: Nach den Waldgesetzen von Bund und Land sei das Betreten des Waldes zu Erholungszwecken jedermann gestattet. Die Benutzung des Waldes geschehe jedoch auf eigene Gefahr. Dem Waldbesitzer, der das Betreten des Waldes dulden muss, solle nämlich dadurch keine besonderen Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten erwachsen. Er hafte deshalb nicht für waldtypische Gefahren, sondern nur für solche Gefahren, die im Wald atypisch sind. Dazu zählen insbesondere die Gefahren, die nicht durch die Natur bedingt sind. Die Gefahr eines Astabbruchs sei dagegen grundsätzlich eine waldtypische Gefahr. Sie sei hinzunehmen. Und sie werde nicht deshalb, weil ein geschulter Baumkontrolleur sie erkennen kann, zu einer im Wald atypischen Gefahr, für die der Waldbesitzer einzustehen hätte. So weit die Bundesrichter. red/wi

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