An Demenz erkrankte Tante in Heim: Neffe veruntreut mehr als 100 000 Euro

Saarbrücken · Die alte Dame hat ihn großgezogen. Als sie demenzkrank wurde und ins Seniorenheim kam, räumte der Neffe ihr Konto ab. Jetzt wurde der 60-Jährige zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

 Symbolfoto.

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Foto: Karl-Josef Hildenbrand (dpa)

Wegen Untreue in 87 Fällen hat das Landgericht einen 60 Jahre alten Mann aus dem Saarland zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung erurteilt. Er hatte zwischen 2009 und 2011 mehr als 100 000 Euro seiner demenzkranken Tante veruntreut.

Der Angeklagte und die alte Dame hatten über Jahrzehnte ein besonders enges Verhältnis. Die Frau hatte den Jungen in den ersten Jahren seines Lebens quasi aufgezogen. Auch in der Folgezeit hielt der erwachsene Mann engen Kontakt zu seiner Ziehmutter. Das galt insbesondere nach dem Tod von deren Ehemann. Gestützt auf dieses besondere Vertrauensverhältnis erteilte die damals 77 Jahre alte Dame ihm im August 2008 eine Vorsorgevollmacht. Diese berechtigte den Neffen dazu, sämtliche Geld- und Vermögensangelegenheiten der Frau zu erledigen. Dabei war der Rentnerin bewusst, dass ihr Ziehsohn in finanziellen Schwierigkeiten steckte. Sie meinte dazu damals, dass sie ihm gern helfen wolle. Er könne deshalb einen Teil ihres Vermögens kraft Vollmacht auch zu eigenen Zwecken und zur Rettung seines Wohnhauses verwenden. Wenige Tage nach Erteilung der Vollmacht erlitt die Rentnerin einen schweren Schlaganfall. Sie konnte sich in der Folgezeit kaum noch bewegen und orientieren, verlor die Fähigkeit zur Kommunikation und wurde demenzkrank. Im Oktober 2008 kam die Frau in ein Pflegeheim. Das kostet 3100 Euro im Monat; sie hat eine monatliche Rente von 950 Euro.

In der Folgezeit wurde der Neffe auch zum amtlichen Betreuer seiner Tante bestellt. Er verkaufte das Haus der Frau und löste deren Vermögensanlagen auf. Das Geld ging auf das Konto der Rentnerin. Von dort hob der Angeklagte es nach und nach ab, meist in Beträgen in Höhe von 1000 Euro. Diese verbrauchte er für eigene Belange. Ende 2011 war das Konto der Tante leer. Es wurde ein Kontrollbetreuer bestellt, der nach kurzer Prüfung Strafanzeige erstattete. Daraufhin wurde der Neffe der alten Dame vor Gericht gestellt und Ende 2013 im ersten Anlauf vor dem Landgericht wegen 90 Fällen von Untreue zu drei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt.

Dieses Urteil wurde anschließend vom Bundesgerichtshof weitgehend bestätigt. Allerdings wurden drei von 90 Fällen anders gewichtet, weshalb die Akten zurück an die Saar gingen. Hier hat der Angeklagte die Taten zugegeben. Er versucht zudem, den Schaden so weit gut zu machen, wie es ihm möglich ist. Und er bereut sein Tun offensichtlich sehr. Deshalb und wegen des ansonsten makellosen Lebenslaufes des Angeklagten haben die Richter jetzt die ursprünglich vom Landgericht verhängte Strafe reduziert und in eine Haftstrafe auf Bewährung umgewandelt.

"Sie haben ihre kranke Tante um mehr als 100 000 Euro beklaut," sagte der vorsitzende Richter zur Begründung. So etwas tue man nicht. Das sei eine schwere Straftat. Aber andererseits mache es auch keinen Sinn, den 61-Jährigen einzusperren. Der Mann habe in Zeiten eigener finanzieller Nöte das Geld seiner kranken Tante entwendet. Jetzt, rund drei Jahre nach der letzten Tat, habe er wieder Fuß gefasst und Arbeit gefunden. Eine Haftstrafe würde dies zunichte machen. Damit werde keinem der Beteiligten und von der Tat Betroffenen gedient.

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