Unfall mit Folgen beim Sport Nordic Walking: Stock eng am Körper führen und aufpassen - Sonst kann es richtig teuer werden
Schleswig · Das war Pech für einen Sportsfreund. Beim gemeinsamen Nordic Walking stürzte seine Begleiterin über seinen Stock. Sie wurde verletzt und verlor ihren Job. Das Arbeitsamt macht dafür den Mann verantwortlich und will Ersatz für das Arbeitslosengeld an die Frau.
Im Gegensatz zu manch anderen Sportarten gehört das Nordic Walking zwar nicht unbedingt zu den verletzungsträchtigen Aktivitäten in der Freizeit. Aber auch dort können Unfälle passieren, wenn jemand nicht aufpasst. Gerät deshalb der Stock des einen Sportlers zwischen die Beine des anderen und wird dieser dadurch verletzt, so haftet der Stockführende für den entstandenen Schaden. Das hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht entschieden. Auf einen Haftungsausschluss wegen gemeinsamer sportlicher Aktivitäten kann sich demnach der Verursacher einer Verletzung beim Nordic Walking - im Gegensatz zu anderen, eher körperbetonten Sportarten - nicht berufen.
Im konkreten Fall hatte die Bundesagentur für Arbeit einen Sportler verklagt. Sie machte als Trägerin der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung Schadensersatz für gezahltes Arbeitslosengeld an eine Frau geltend. Diese betrieb im Dezember 2013 Nordic Walking. Der beklagte Sportler ging neben ihr. Er trat gegen einen seiner Walkingstöcke, der dadurch zwischen die Beine der Frau geriet. Diese stürzte und verletzte sich an der Hand. Sie war zunächst arbeitsunfähig krankgeschrieben. Im Jahr 2015 kündigte ihr Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. Zu diesem Zeitpunkt war die Frau noch immer arbeitsunfähig. Die Bundesagentur zahlte ihr Arbeitslosengeld. Dafür verlangt sie nun Ersatz.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und den Sportler zur Zahlung verurteilt. Der legte Berufung ein und hatte damit im Ergebnis Erfolg. So hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat zwar ebenfalls entschieden, dass sich der Beklagte grundsätzlich schadensersatzpflichtig gemacht hat. Trotzdem müsse er im konkreten Fall aber nicht zahlen.
Begründung: Beim Nordic Walking handele es sich um ein schnelles Gehen, bei dem die dazu benutzten Stöcke jeweils hinter dem bewegten Bein gehalten werden. Halte man sich an diese Regel, so könne der Gehende auch nicht versehentlich gegen den eigenen Stock treten. Gerate der Stock dennoch vor die Beine, so habe der Walkende ihn nicht richtig eingesetzt. Er habe also die Regeln und die im Umgang mit anderen erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen. Damit habe er rechtswidrig und fahrlässig eine Körperverletzung bei der Frau verursacht.
Der Sportler müsse also grundsätzlich haften. Auf einen Haftungsausschluss wegen gemeinsamer sportlicher Aktivitäten könne er sich nicht berufen, so die Richter weiter. Zwar wüssten Personen, die gemeinsam Sport treiben wollen, dass sie den anderen dabei verletzen und auch selbst verletzt werden können. Diese bewusste Inkaufnahme eines Verletzungsrisikos führe dann auch zu einer Haftungsbegrenzung. Das gelte aber nur bei entsprechenden Sportarten - und nicht beim Nordic Walking. Hier sei die Situation anders als bei einem Fußballspiel oder einem Tennisspiel im Doppel, bei denen sich die Gefahr des Körperkontakts nicht vermeiden lasse. Beim gemeinsamen Nordic Walking können die Walkenden ohne Weiteres Abstand halten. Bei einer Verabredung zum Nordic Walking rechne deshalb niemand damit, vom anderen verletzt zu werden. Deshalb sei insoweit auch kein (zumindest stillschweigend verbaredeter) Haftungsauschluss zwischen den Sportlern anzunehmen.
Gerade weil Nordic Walking eine eher ungefährliche Sportart ist, muss demnach also jemand bei einem Fehler in vollem Umfang haften, wenn er einen anderen verletzt. Dabei kann es sehr schnell um viel Geld gehen. Bei der Entstehung des Anpruchs auf Schadensersatz und bei der Berechnung von dessen Höhe ist jedoch auch ein mögliches Mitverschulden der Verletzten zu berücksichtigen. So war es auch im konkreten Fall. Ergebnis: Die Verletzung der Frau habe der Sportler durch seine Unaufmerksamkeit verursacht. Für die Folgen müsse er haften. Das gelte aber nicht mit Blick auf das Arbeitslosengeld. Hier treffe die versicherte Frau nämlich an der Entstehung des Schadens ein anspruchsausschließendes Mitverschulden. Und zwar deshalb, weil sie nicht gegen die Kündigung ihres Arbeitgebers vorgegangen sei. Nach dem aktenkundigen Sachverhalt spreche alles dafür, dass ihr Arbeitgeber ihr einen „leidensgerechten“ Arbeitsplatz hätte zuweisen können. Sie wäre also nicht arbeitslos geworden, wenn sie sich gegen die Kündigung gewehrt hätte. Die Arbeitslosigkeit im Zuge der Verletzung geht damit auf ihre Kappe. Dafür muss der Sportler nicht zahlen ( Az.: 6 U 46/18).