Urteil: Muss das Reisebüro haften, wenn auf Reisen etwas schief geht?

Karlsruhe · Ein Reisebüro ist in der Regel nur Vermittler von Reiseleistungen. Es will auch bei individuell zusammengestellten Reisen meist keine Verantwortung für die Erfüllung der Leistungen erbringen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Karlsruhe. Wenn auf Reisen etwas schief geht, dann muss sich der Betroffene an den Reiseveranstalter halten. Das heimische Reisebüro bleibt auch bei einer individuell geplanten Reise in der Regel außen vor. Das folgt aus einem im Rechtsportal Beck Online veröffentlichten des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe. Darin halten die Richter fest: Allein aus dem Angebot mehrerer zeitlich und örtlich aufeinander abgestimmter Reiseleistungen auf Wunsch des Kunden kann nicht geschlossen werden, dass das Reisebüro dem Kunden gegenüber wie ein Reiseveranstalter die Verantwortung für die Durchführung der einzelnen Reiseleistungen übernehme (Urteil vom 30.09.2010, Az.: Xa ZR 130/08).

Die Klägerin im konkreten Fall nahm an einer kombinierten Flug- und Schiffsreise mit zwei Hotelaufenthalten auf Jamaika teil. Die Reise war im Reisebüro nach den Wünschen der Klägerin individuell zusammengestellt worden. Das Problem dabei: Bei der Abreise blieb der Koffer der Frau auf dem Flughafen zurück. Und die Betroffene bekam ihn erst nach Abschluss der Schiffsreise wieder zurück. Sie verlangte daraufhin von dem Reisebüro Minderung des Reisepreises, Schadenersatz wegen mangelbedingter Mehrkosten für die Reise sowie Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit.

Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie in zweiter Instanz abgewiesen. Es hat angenommen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten kein Reisevertrag gemäß Paragraf 651a Abs. 1 BGB, sondern lediglich ein Reisevermittlungsvertrag im Sinne des Paragrafen 675 BGB zu Stande gekommen sei. Das Reisebüro sei nicht als Reiseveranstalter Vertragspartner eines aus mehreren Reiseleistungen zusammengesetzten Reisevertrags geworden. Es habe lediglich die Reiseleistungen anderer Anbieter für einen Vertragsschluss angeboten habe und sei hierbei erkennbar nur als Vermittler tätig geworden. Der Bundesgerichtshof hat dieses Urteil bestätigt.

Nach seiner Auffassung gibt es weder einen Erfahrungssatz noch eine gesetzliche Auslegungsregel, wonach ein Reisebüro, das einzelne Reiseleistungen verschiedener Leistungserbringer zu einer individuellen, auf die Wünsche des Kunden zugeschnittenen Reise zusammenstellt, zwangsläufig als Reiseveranstalter anzusehen ist. Etwas anderes ergibt sich nach Ansicht der Karlsruher Richter auch nicht aus der Richtlinie 90/314/EWG über Pauschalreisen. Danach könne auch ein Reisebüro Pauschlareisen als Reiseveranstalter organisieren. Daraus ergebe sich jedoch nur, so der Bundesgerichtshof, dass ein Reisebüro in diesen Konstellationen Reiseveranstalter sein könne, nicht aber, dass es unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls stets als ein solcher Reiseveranstalter anzusehen sei. red/wi

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