Rutschgefahr: Frau stürzt bei Public Viewing am Strand – kein Schmerzensgeld

Koblenz · Feuchte Party: Wer an einem Flussufer feiert, muss damit rechnen, dass es dort glitschig sein könnte. Wenn jemand deshalb ausrutscht, gibt es weder Schmerzensgeld noch Schadensersatz vom Veranstalter.

Koblenz. Der Betreiber eines Mainzer Rheinstrandes muss einer Frau keinen Schadensersatz zahlen, die auf einer nassen Treppe ausrutschte, in den Rhein stürzte und sich dabei das Handgelenk brach. Das hat das Oberlandesgericht Koblenz entschieden. Motto: Die Frau habe damit rechnen müssen, dass die unmittelbar in den Fluss führenden Stufen nass sein können. Wenn eine Gefahrenstelle aber derart eindeutig vor sich selbst warne, treffe den Betreiber des angrenzenden Gastronomiebetriebes grundsätzlich keine weitergehende Verkehrssicherungspflicht ( Az.: 8 U 1030/11).
An dem besagten Rheinstrand befindet sich eine breite Treppe, die sehr gut einsehbar ist und direkt in den Rhein führt. Oberhalb der Treppe hat der Beklagte das Rheinufer mit Sand aufgefüllt und betreibt dort einen Gastronomiebetrieb. Zum Zeitpunkt des Unfalls bot er zur Fußball-Weltmeisterschaft "public viewing" an. Die Treppe befand sich allerdings außerhalb des "public-viewing"-Bereichs. Die Klägerin rutschte im Juni 2010 nachmittags beim Betreten der vorletzten, oberhalb des Wassers befindlichen Stufe der Treppe aus. Sie fiel auf ihren rechten Unterarm und stürzte in den Rhein. Sie erlitt eine Handgelenksfraktur und begehrte von dem Beklagten unter anderem Schadensersatz in Höhe von etwa 28.600 Euro und Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro. Ihrer Meinung nach habe der Beklagte nicht ausreichend auf die Sturzgefahr hingewiesen. Der Strandbetreiber erwiderte, es seien Warnschilder vorhanden und er habe zusätzlich Sicherheitskräfte eingesetzt.
Das Landgericht und nun auch das Oberlandesgericht wiesen die Klage der Frau ab. Der Koblenzer Zivilsenat führte zur Begründung aus, zwar habe ein Gastwirt im Rahmen des Zumutbaren für die Sicherheit seiner Gäste Sorge zu tragen. Der Beklagte sei gemäß dem Pachtvertrag mit der Stadt Mainz auch für den ordnungsgemäßen Zustand der Anlage verantwortlich. Er habe aber im Hinblick auf die nassen Stufen keinerlei Verkehrssicherungspflicht verletzt. Die Verkehrssicherungspflicht umfasse diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger Mensch für notwendig und ausreichend halte, um andere vor Schäden zu bewahren. Die Pflicht beginne immer erst dort, wo auch für den aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage überraschend eintrete oder jedenfalls nicht ohne weiteres erkennbar sei. Dies sei nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.
Die Richter weiter: Wer eine Treppe betrete, die auf Grund des Wellengangs jedenfalls an den unteren Stufen nass sein müsse, habe sich auf diesen Zustand der Treppe einzustellen. Vorliegend sei es offensichtlich gewesen, dass die Gäste den breiten und übersichtlichen Treppenabgang zum Rhein vor allem nutzten, um die Füße in das Wasser zu halten. Zudem schwappe durch den üblichen Wellengang immer wieder Wasser über die unteren Stufen. Die damit verbundene Nässe sei von jedem unmittelbar zu erkennen. Die Gefahrenstelle warne daher vor sich selbst und begründe keine darüber hinausgehende Verkehrssicherungspflicht für den Betreiber. Die Klägerin könne daher den Beklagten nicht erfolgreich auf Ersatz des Schadens in Anspruch nehmen. red/wi

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort