Kreuzfahrt in den Hohen Norden: Reisende wollen Geld zurück

Karlsruhe · Bei jeder Kreuzfahrt müssen Reisende damit rechnen, dass die ursprüngliche Planung geändert werden kann. Aber irgendwann ist die Änderung so groß, dass sie zur Minderung des Reisepreises oder im Extremfall gar zur Kündigung des Vertrages berechtigen kann.

Wann ist eine Kreuzfahrt so mangelhaft, dass eine Minderung des Reisepreises von mehr als 40 Prozent gerechtfertigt ist? Und ab wann können die Reisenden zudem Schadensersatz für nutzlos aufgewandte Urlaubszeit verlangen? Mit diesen Fragen hat sich der Bundesgerichtshof laut Rechtsportal Juris befasst (Az.:X ZR 15/11).

An dieser Reise nahmen mehrere Kunden eines Touristikunternehmens teil. Sie hatten Pech. Während der Kreuzfahrt kam es zu Abweichungen von der ursprünglichen Planung, beispielsweise wurden andere Fahrtrouten gewählt, geplante Landgänge entfielen oder waren erheblich verkürzt. Damit nicht genug: Weil das Schiff verschmutztes Bunkeröl aufgenommen hatte, wurde die Maschinenleistung herabgesetzt. Also entfielen die vorgesehenen Besuche der Färöer und der Orkney-Inseln. Mehrere Reisende brachen daraufhin in Reykjavik die Kreuzfahrt ab und reisten zurück. Die übrigen Reisenden verbrachten die folgenden Tage bis zur Ankunft in Kiel auf See.

Die beklagte Reederei erstattete 40 Prozent des Reisepreises. Das war dem betroffenen Touristikunternehmen nicht genug. Es macht für seine Kunden eine Reihe von Ansprüchen geltend. Unter anderem eine Minderung von weiteren 40 Prozent des gezahlten Reisepreises; Ersatz der Kosten, die einzelnen Reisenden durch Kündigung und Abbruch der Reise entstanden sind sowie Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Land- und Oberlandesgericht Bremen haben diese Klage abgewiesen. Motto: Die Reise sei zwar mangelhaft gewesen. Die Mängel seien aber durch die geleisteten Zahlungen abgegolten. Und eine objektiv erhebliche Beeinträchtigung der gesamten Reise, die diese als Ganzes entwertet hätte, liege nicht vor. Deshalb seinen auch Schadensersatzansprüche und Ansprüche wegen vertaner Urlaubszeit nicht gegeben.

Der Bundesgerichtshof ist damit nicht einverstanden und hat die Sache nach Bremen zurückverwiesen. Grund: Nach Auffassung der Bundesrichter wurden die Gesamtumstände, die die Reiseleistung beeinträchtigt haben, unzureichend berücksichtigt. Zu Unrecht sei von den Bremer Gerichten entscheidend darauf abgestellt worden, dass der grundlegende Charakter der Reise als "Grönland-Kreuzfahrt" nicht in Frage gestellt gewesen sei. Dies berücksichtige den Verlauf des zweiten Teils der Reise nicht hinreichend, so die Bundesrichter. Schließlich seien der Aufenthalt in Reykjavik stark verkürzt und die geplanten Besuche der Färöer und der Orkney-Inseln vollständig durch eine bloße verlangsamte Rückreise ersetzt worden.

Das Oberlandesgericht müsse daher die Quote, um die der Reisepreis zu mindern ist, erneut überprüfen. Das gelte auch für das mögliche Kündigungsrecht der Reisenden und einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Sowohl das Kündigungsrecht als auch der Entschädigungsanspruch setzen eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise voraus. Ob diese Erheblichkeitsschwelle überschritten ist, sei auf Grund einer Gesamtbewertung der Mängel der Reiseleistung im konkreten Einzelfall zu beurteilen, so der Bundesgerichtshof. red/wi

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