Kart-Bahn: Wehender Schal wird beinahe zum tödlichen Werkzeug

Oldenburg · Das ist die Freiheit. Mit dem wehenden Schal auf einem Motorrad oder im offenen Auto sitzen und das Leben genießen. Aber Vorsicht. Einer Frau wurde ihr Baumwollschal auf einer Kart-Bahn fast zum tödlichen Verhängnis.

 Symbolfoto.Location:München

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Foto: Stephan Jansen (dpa)

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat die Betreiber einer Kart-Bahn zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld an eine Kart-Fahrerin verurteilt. Die Frau war während der Fahrt von ihrem eigenen Schal stranguliert und fast umgebracht worden (Az.: 14 U 37/14).

Der Fall: Die spätere Klägerin fuhr im Juni 2013 auf der Bahn im Emsland mit einem Kart. Das ist ein flaches, einsitziges, offenes und mit einem Motor ausgerüstetes Fahrzeug. Während der Fahrt löste sich der Baumwollschal der Frau und wickelte sich um die Hinterachse des Karts. Die Fahrerin erlitt dabei ein Strangulationstrauma mit einem Teilabriss der Luftröhre. Die lebensbedrohlichen Verletzungen erforderten mehrere stationäre Behandlungen, zuletzt noch im Jahr 2014. Zudem ist die Frau wegen der Verletzungen zur Hälfte in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert.

Die Frau verklagte daraufhin die Betreiber der Bahn. Das Landgericht Osnabrück wies diese Klage in erster Instanz ab. Das Oberlandesgericht gab der Frau aber in zweiter Instanz Recht. Begründung: Die Betreiber der Kart-Bahn hätten die erforderlichen Verkehrssicherungspflichten nicht beachtet. Ihre Mitarbeiter hätten die Frau nicht hinreichend über die besonderen mit dem Tragen eines Schals oder anderer lockerer Kleidungsstücke verbundenen Gefahren aufgeklärt. Das gelte insbesondere für das Strangulationsrisiko mit unmittelbarer Lebensgefahr.
Und weiter: Die von den Betreibern zur Verfügung gestellten Rennoveralls seien zwar grundsätzlich geeignet, derartige Gefahren zu vermeiden. Allerdings stünden die Overalls nur zur freiwilligen Benutzung bereit. Deshalb seien die Betreiber verpflichtet, mit deutlichen Hinweisen auf die besonderen Gefahren aufmerksam zu machen, die sich aus losen Kleidungsstücken bei der Fahrt ergeben könnten. Die von den Betreiber verwendeten, etwa DIN A-3-großen Hinweisschilder seien dabei nicht ausreichend. Der dort an dritter Stelle aufgeführte Hinweis ""Enganliegende Kleidung ist Vorschrift" weise nicht mit der ausreichenden Deutlichkeit auf die bestehenden Gefahren hin.

Auch die Einweisung der jeweils fahrenden Gruppe vor Ort genügte den Ansprüchen der Oberrichter nicht. Denn: Selbst wenn in dieser Einweisung auf die Gefährlichkeit von Schals hingewiesen wird, so könnten die Betreiber nicht sicherstellen, dass die Einweisung auch jeden Nutzer der Kart-Bahn erreicht. Die Richter zeigten sich nach der Vernehmung von Zeugen davon überzeugt, dass die Klägerin das Kart fahren konnte, ohne zuvor an der entsprechenden Einweisung teilgenommen zu haben.

Ein Mitverschulden der Frau an dem Unfall sahen die Richter nicht: Die Klägerin habe, auch wenn sie bereits einmal mit einem Kart gefahren sei, von den Gefahren des Tragens eines Schals während der Fahrt keine Kenntnis haben müssen. Und auch das von dem Betreiber verwendete Schild mit der Aufschrift "Haftungsansprüche der Fahrer gegen den Eigentümer … sind ausgeschlossen" schließe die Haftung nicht aus. Es sei als Allgemeine Geschäftsbedingung kein wirksamer Bestandteil des Vertrages über die Nutzung der Kart-Bahn geworden. Die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zugelassen worden. Die Beklagten haben dagegen Beschwerde beim Bundesgerichtshof erhoben (Az.: V ZR 496/14).

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