Haftung bei Unfällen Es passiert jeden Tag: Ein Auto bremst ohne Grund - und der Hintermann fährt rein

München · Bei einem Auffahr-Unfall im Straßenverkehr gilt zwar grundsätzlich: Wer drauf fährt, der ist schuld. Aber es gibt Ausnahmen. Zum Beispiel dann, wenn der Vordermann ohne Grund gebremst hat. Dazu unser Rechts-Tipp

 Blechschaden nach einem Unfall. Symbolbild aus dem Winter in Hamburg.

Blechschaden nach einem Unfall. Symbolbild aus dem Winter in Hamburg.

Foto: dpa/Carsten Rehder

Wer im Straßenverkehr sein Fahrzeug grundlos abbremst, gefährdet damit andere Verkehrsteilnehmer und haftet unter Umständen für einen daraus entstandenen Schaden mit. Das ist ständige Rechtsprechung. So wie in einem Fall des Amtsgerichts München. Dort ist nach einem Auffahrunfall der Schaden im Verhältnis 30 zu 70 Prozent zwischen den Autos vorne und hinten aufgeteilt worden (Az.: 345 C 22960/13).

Es ging dabei um einen Unfall auf der Garmischer Straße in München. Dort fuhr ein VW Golf mit 50 Kilometern pro Stunde. Vor ihm war ein Mercedes unterwegs. Auf Höhe der Einmündung der Lindauer Autobahn bremste die Fahrerin des Mercedes Benz stark und unvermittelt ab. Wegen einer geänderten Baustellenführung dachte die Fahrerin nämlich, sie hätte sich verfahren. Der Hintermann im Golf konnte nicht mehr bremsen und fuhr dem Mercedes ins Heck.

An dem Golf entstand dadurch ein Schaden von 3892 Euro. Dafür machte die Eigentümerin des VW die Fahrerin des Mercedes verantwortlich. Aber die Versicherung des Mercedes übernahm nur einen Teil des Schadens - und zwar rund ein Drittel. Das war der Golf-Eigentümerin nicht genug. Sie forderte vollen Schadensersatz. Schließlich habe die Fahrerin des Mercedes durch ihr plötzliches Bremsen den Unfall zu 100 Prozent verursacht. Also müsse sie auch zu 100 Prozent zahlen.

Dieser Argumentation folgte der Amtsrichter aber nicht. Er stellte klar, dass grundsätzlich derjenige, der mit seinem Auto auf ein vorausfahrendes Fahrzeug auffährt, nach allem Anschein entweder nicht den nötigen Sicherheitsabstand eingehalten hat oder mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren ist oder falsch reagiert hat. Wer auffährt hat demnach also zunächst den Schwarzen Peter und muss dem ersten Anschein nach zahlen.

Ein solcher Anschein kann aber ganz oder teilweise entkräftet werden. So auch im konkreten Fall. Dazu der Amtsrichter: Hier stehe fest, dass der Mercedes ohne jeden verkehrsbedingten Grund und somit vollkommen grundlos abgebremst worden ist. Insoweit liege eine Abweichung vom typischen Fall vor. Diese Abweichung rechtfertige nach der Rechtsprechung des Landgerichts München eine Mithaftungsquote des Vorausfahrenden in Höhe von 30 Prozent. Aber nicht mehr. Der Großteil der Verantwortung verbleibe also bei dem auffahrenden Auto.

Ergebnis im konkreten Fall: Da die Versicherung des Mercedes bereits vor dem Prozess ein Drittel des Schadens ausgeglichen habe, müsse sie nun nichts mehr zahlen. Die Klage der Golfeigentümerin auf weiteren Schadensersatz sei abzuweisen. So weit das Amtsgericht München.

Unsere Rechts-Tipps: Im Alltag stellen sich viele rechtliche Fragen. Die Gerichte haben sie oft bereits beantwortet. Wir suchen nach dem passenden Fall in unserem Archiv von Recht-Spezial und liefern so die Antworten auf aktuelle Fragen.

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