Ärgerlich: Unfall bei Straßenglätte auf nicht gestreuter Fahrbahn

Coburg · Wer mit dem Auto unterwegs ist, muss sich an die Straßenverhältnisse anpassen. Er kann sich nicht sicher sein, das allzeit freie Fahrt möglich ist. Das gilt auch bei Eis und Schnee.

Coburg. Wie weit gehen bei Schnee und Eis die Räum- und Streupflichten eines Landkreises? Und wie weit gehen die Pflichten eines Autofahrers? Das Landgericht Coburg hat dazu laut Rechtsportal Juris entschieden: Ein Autofahrer muss den Straßenzustand im Winter und besonders bei Frostgefahr oder Temperaturen um den Gefrierpunkt schärfer als sonst beobachten und mit erhöhter Sorgfalt fahren (Az.:22 O 729/11). Wenn er dies nicht tut, dann kann er die Verantwortung für einen eventuellen Unfall auf glatter Straße nicht auf den für den Winterdienst zuständigen Landkreis abwälzen.

Der Fall: Ein junger Mann fuhr im Dezember mit dem Auto seiner Mutter gegen 1.50 Uhr auf einer Kreisstraße. In dieser Nacht war die Straße nicht gestreut. Auf gerader Strecke entlang des Waldes kam der Sohn von der Straße ab und verursachte an dem Wagen einen Sachschaden von etwa 7 500 Euro. Seine Mutter verklagte daraufhin den Landkreis. Sie behauptet, die Fahrbahn sei wegen überfrierender Nässe eisglatt gewesen. Ihr Sohn habe deshalb keine Schuld an dem Unfall. Nachdem er ein leichtes seitliches Versetzen durch Glätte gespürt habe, habe er die Geschwindigkeit auf 70 Kilometer pro Stunde reduziert. Vergebens. Der Landkreis weigerte sich jedoch zu zahlen: Es bestehe keine Pflicht, nachts außerorts die Kreisstraßen zu streuen. Eine Gefahrenstelle am Ort des Unfalls liege nicht vor, vielmehr habe die unangepasste Geschwindigkeit des Autos zum Unfall geführt.

Das Landgericht folgte dieser Argumentation und betonte, der Kreis sei seiner Räum- und Streupflicht im ausreichenden Maße nachgekommen. Grundsätzlich sei es in der Nacht auf Grund geringen Verkehrsaufkommens nicht zumutbar, sämtliche Verkehrswege zu streuen. Der Landkreis habe also keinen Fehler gemacht. Im Gegenteil. Er habe mehr als das Erforderliche getan, indem er einen Notdienst für die Nacht eingerichtet hatte. Dieser kontrollierte einmal in der Nacht, ob ein Ausrücken der Streufahrzeuge erforderlich war.

Die Richter weiter: Der Unfall sei nicht die Schuld des Landkreises sondern des Fahrzeugführers gewesen. Die Verringerung der Geschwindigkeit nach Bemerken eines "leichten Versetzens" von 90 auf 70 Kilometer pro Stunde sei nicht ausreichend gewesen. Diese Geschwindigkeit sei offenbar zu hoch gewesen, denn sonst wäre das Fahrzeug nicht von der glatten Fahrbahn abgekommen. An dieser Sichtweise ändere sich auch nichts, wenn die Außentemperaturanzeige des Autos keine Glatteis-Warnung angezeigt habe, so wie der Sohn der Klägerin behauptete. Denn auch bei Temperaturen knapp über null Grad muss nach Feststellung des Gerichts an einzelnen Stellen mit Frost und Glatteis gerechnet werden. Ein blindes Verlassen auf die Außentemperaturanzeige des Autos führe nicht dazu, dass die erforderliche Sorgfalt zur Beobachtung der Straßenverhältnisse und zur ausreichenden Geschwindigkeitsverringerung missachtet werden darf. red/wi

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