Witwer hat keinen Anspruch auf befruchtete Eizellen seiner toten Frau

Karlsruhe · Die moderne Medizin macht für viele Paare den Wunsch nach einem Kind zur Realität. Aber diese Möglichkeit gilt nicht über den Tod hinaus. Nach dem Tod einer Frau bleiben deren befruchtete Eizellen im Tiefkühlschlaf und dürfen nicht mehr verwandt werden.

 Symbolbild  Location: Bonn

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Foto: Oliver Berg (dpa)

Ein verwitweter Mann hat keinen Anspruch darauf, dass die befruchteten Eizellen seiner verstorbenen Ehefrau an ihn herausgegeben werden. Das hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden (Az.: 14 U 165/15). Der Mann wollte mit Hilfe der Eizellen den gemeinsamen Kinderwunsch des früheren Paares erfüllen. Seine neue Ehefrau war bereit mitzumachen und sich die Eizellen einsetzen zu lassen.

Es handelte sich dabei um befruchtete, eingefrorene Eizellen im so genannten 2-PN-Stadium (Vorkernstadium). Von Eizellen im 2-PN-Stadium wird gesprochen, wenn das männliche Spermium zwar bereits in die weibliche Eizelle eingedrungen ist, dort aber noch keine Verschmelzung der Erbinformationen/Vorkerne von Spermium und Eizelle stattgefunden hat. Es sind also noch zwei getrennte Vorkerne mit einem Chromosomensatz des Mannes und einem Satz der Frau vorhanden. Diese bewegen sich aufeinander zu. In diesem Zustand werden sie quasi gestoppt und eingefroren. Dabei handelt es sich rechtlich zwar um eine befruchtete Eizelle aber noch nicht um einen Embryo. Davon wird erst gesprochen, wenn sich die beiden Vorkerne/Chromosomensätze zusammenfinden.

Damit zurück zum konkreten Fall: Der spätere Kläger und seine frühere Ehefrau hatten mit der Klinik einen "Vertrag über die Kryokonservierung und nachfolgende Behandlung von Eizellen im 2-PN-Stadium sowie deren Verwahrung" geschlossen. Demnach sollte eine Herausgabe der Eizellen nur an das Ehepaar gemeinsam erfolgen. In einer gesonderten, von beiden unterzeichneten Erklärung heißt es, dass eine Aufbewahrung eingefrorener Eizellen im Vorkernstadium über den Tod eines Partners hinaus nicht möglich ist. Und Embryonen, deren geplanter Transfer nicht stattfinden kann, seien nach Anrufen der Ethikkommission einzufrieren. Weiter ist geregelt: Sollte ein Paar verstorben sein oder anderweitige Komplikationen auftreten, könne ein verbindliches Votum der Ärztekammer über weitere Maßnahmen bestimmen.

Anlass für die Konservierung der Eizellen war eine schwere Erkrankung der früheren Ehefrau des Klägers. Sie starb etwa eineinhalb Jahre später an ihrer Krankheit. Der Mann machte anschließend Ansprüche auf Herausgabe der befruchteten Eizellen geltend, damit er gemeinsam mit seiner neuen Ehefrau den Kinderwunsch erfüllen könne. Dies entspreche auch dem erklärten Willen seiner verstorbenen Ehefrau. Die Klinik lehnte dieses Ansinnen ab. Sie verwies darauf, dass nach dem Tod eines Ehepartners eine Herausgabe an den Überlebenden nicht stattfinde. Dem stünden zudem Verbotsnormen des Embryonenschutzgesetzes entgegen. Daraufhin zog der Mann vor Gericht - ohne Erfolg. Das Landgericht Freiburg und das Oberlandesgericht Karlsruhe wiesen seine Klage zurück.

Begründung: Nach dem mit der Klinik geschlossenen Vertrag stehe dem Kläger kein Anspruch auf Herausgabe von Eizellen im Vorkernstadium zu. Der Vertrag sehe ausdrücklich nur eine Herausgabe an beide Ehepartner vor, was nach dem Tod eines Ehegatten nicht mehr möglich sei. Auch wenn eine Herausgabe dem erklärten Willen der verstorbenen Ehefrau entsprochen habe, habe der Vertrag hierdurch nicht einseitig nachträglich abgeändert werden können. Einer nachträglichen Abänderung stehe auch das berechtigte Interesse der beklagten Klinik entgegen. Die müsse dem Risiko begegnen, sich nach dem Embryonenschutzgesetz strafbar zu machen.

Die Richter weiter: Soweit der Kläger hilfsweise die Herausgabe von Embryonen geltend macht, sei zwar unwahrscheinlich, dass solche bereits entstanden seien. Letztlich bedürfe diese Frage aber keiner Klärung. Denn selbst wenn Embryonen vorlägen, wäre nach der vom Kläger und seiner früheren Ehefrau unterzeichneten Erklärung ein Votum der Ärztekammer über weitere Maßnahmen einzuholen, dem sich die Vertragsparteien unterworfen hätten. Eigentumsansprüche des Klägers scheiterten daran, dass der menschliche Embryo - wie auch der Körper eines geborenen Menschen - kein Gegenstand sei, an dem Eigentum begründet werden könne. Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen. Der Kläger kann allerdings dagegen noch Nichtzulassungsbeschwerde einlegen.

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