Rechts-Tipp zum Arbeitsrecht Keine Sippenhaft: Wenn der Chef mit einem Mann streitet, dann darf er nicht dessen Frau entlassen

Aachen · Echt wahr: Ein Arzt bekam mit einem Handwerker Streit. Die Quittung dafür bekam die Ehefrau des Mannes. Sie arbeitete in der Praxis als Sprechstundenhilfe und wurde von ihrem Chef entlassen. Was die Justiz dazu sagte?

 Eine Kündigung liegt auf einer Computertastatur. Symbolfoto.

Eine Kündigung liegt auf einer Computertastatur. Symbolfoto.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Das Verhalten des einen Ehepartners rechtfertigt keine Kündigung des anderen Ehepartners. Das hat das Arbeitsgericht Aachen einem Facharzt ins Stammbuch geschrieben. Es erklärte die Kündigung einer Sprechstundenhilfe in dessen Praxis für unwirksam. Der Arzt hatte die Entlassung der Frau unter anderem mit einer Auseinandersetzung zwischen ihm und dem Ehemann der Arbeitnehmerin begründete (Az.: 2 Ca 1170/15).

Die betroffene Frau war bei ihrem Arbeitgeber, einem Orthopäden, seit dem 1. April 2014 als Arzthelferin beschäftigt. Am 28. Februar 2015 übergab der Mediziner der Sprechstundenhilfe eine Gutscheinkarte, mit der er ihr nachträglich herzlich zu ihrem Geburtstag gratulierte und ihr für ihren Einsatz dankte.

Mit der Arbeit des Ehemannes war der Orthopäde offenbar nicht so zufrieden. Der Mann hatte mit dem Arzt einen Werkvertrag für Umbauarbeiten in dessen Praxis und in dessen Privathaus abgeschlossen. Mit Blick auf diese Umbaumaßnahmen und deren Abrechnung gab es am 17. März 2015 einen Streit zwischen dem Arbeitgeber und dem Ehemann. Was im Einzelnen geschah, ist zwischen den Prozessparteien streitig. Der Mediziner soll dazu gegenüber Dritten erklärt haben, dass der Handwerker ihn fast bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, geschlagen und getreten habe. Am Ende der Auseinandersetzung versuchte der Arzt dann, dem Ehemann eine Kündigung für dessen Ehefrau zu übergeben. Ohne Erfolg. Also warf der Arbeitgeber die Kündigung in den Hausbriefkasten der Frau.

Die Arzthelferin klagte vor Gericht gegen ihre Entlassung. Im Rahmen des Prozesses räumte der Arbeitgeber ein, dass die Auseinandersetzung mit dem Ehemann für die ausgesprochene Kündigung insoweit eine Rolle gespielt habe, als dass er wegen des völligen Zerwürfnisses mit dem Ehemann mit der Arbeitnehmerin nicht mehr weiter arbeiten wollte. Nach Auffassung der 2. Kammer des Arbeitsgerichts Aachen rechtfertigte ein mögliches Fehlverhalten des Ehemanns der Arbeitnehmerin die Kündigung aber nicht. Die Rechtssphären der Eheleute seien voneinander getrennt zu betrachten. Eine Zurechnung von der einen auf die andere Seite finde nicht statt. Deshalb war die Kündigung unwirksam.

Unsere Rechts-Tipps: Im Alltag stellen sich viele rechtliche Fragen. Die Gerichte haben sie oft bereits beantwortet. Wir suchen nach dem passenden Fall in unserem Archiv von Recht-Spezial und liefern so die Antworten auf aktuelle Fragen.

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