Gesundheit: Krankenkasse muss Kosten für hochwertiges Hörgerät tragen

Detmold · Zur Dämpfung der Kosten im Gesundheitswesen haben die Krankenkassen bei Hörgeräten Vertragspreise ausgehandelt. Trotzdem kann ein Schwerhöriger bei Bedarf Anspruch auf ein teureres Gerät haben.

Detmold. Das Sozialgericht Detmold hat entschieden, dass gesetzlich versicherte Schwerhörige einen Anspruch auf technisch hochwertige Versorgung mit Hörhilfen haben, wenn mit den so genannten Vertragsgeräten kein optimaler Ausgleich des Hörverlustes erzielt werden kann (Az.: S 5 Kr 97/08). Das vom Rechtsportal Juris veröffentlichte Urteil ist rechtskräftig.

Bei dem 45-jährigen Versicherten (Kläger), der von Kindheit an dem rechten Ohr ertaubt ist, liegt auf dem linken Ohr eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit vor. Der Akustiker ließ den Kläger zwei Geräte testen, die zum Vertragspreis der Krankenkasse angeboten wurden (648, 40 Euro pro Gerät). Die technisch hochwertigen Geräte, ausgestattet mit 16 Kanälen, einer automatischen Spracherkennung und Störlärmmanagement führten zu einem deutlich besseren Ausgleich des Hörverlustes. Mit ihnen war jedoch in geräuschintensiver Umgebung eine Verständigung nicht möglich. Daraufhin hat sich der Kläger, der trotz geringer Hörreste auf dem rechten Ohr in der Vergangenheit immer nur linksseitig versorgt worden war, vom Akustiker ein Hörgerät anpassen lassen, das 1.820,00 Euro kostete. Die Krankenkasse war jedoch nur bereit, den Vertragspreis zu zahlen. Sie berief sich darauf, der Gesetzgeber habe für Hörgeräte Festbeträge eingeführt, an denen sich die vertraglichen Regelungen mit den Akustikern zu orientieren hätten. Mehrkosten müssten grundsätzlich vom Versicherten getragen werden.

Das Sozialgericht ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Nach sachverständiger Überprüfung durch einen Akustikermeister stand für die Richter fest, dass der Kläger auf ein hochwertiges Gerät zum Ausgleich des Hörverlustes angewiesen ist. Diese individuellen Verhältnisse seien für den Versorgungsanspruch maßgeblich. Dies gelte sowohl bei Festbeträgen als auch bei Anwendung der Versorgungsverträge. Der Versicherte dürfe nicht dadurch schlechter gestellt werden, dass die Krankenkassen mit den Leistungserbringern eine Versorgungspauschale für alle Schwerhörigkeitsgrade vereinbart haben. Wähle der Akustiker - ob bewusst oder unbewusst - Geräte aus, die zwar ohne Eigenanteil erhältlich, aber für den Versicherten ungeeignet seien, verbleibe es bei der Sachleistungsverantwortung der Krankenkasse.

Der Akustiker, der für die Krankenkasse die Versorgung durchführe, sei verpflichtet ein Hilfsmittel auszuwählen, das den Hörverlust möglichst weitgehend ausgleiche. Er fungiere als Gehilfe der Kasse, die sich das fehlerhafte Verhalten zurechnen lassen müsse. Sei die Krankenkasse der Auffassung, der Akustiker hätte eine günstigere Versorgung anbieten müssen, müsse sie sich frühzeitig in die Versorgung einbringen und den Sachverhalt beispielsweise durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen. Argumentiere sie wie im konkreten Fall ohne Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Versicherten, könne sie allenfalls Rückforderungsansprüche gegenüber dem Vertragsakustiker geltend machen. red/wi

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