Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes Ehepaar bekommt keine Medikamente für gemeinsamen Suizid ohne extreme Notlage

Leipzig · Liebe bis in den Tod. Ein betagtes Ehepaar will gemeinsam sterben, bevor er oder sie schwer krank werden und leiden müssen. Deshalb wollen sie vorsorglich eine jeweils tödliche Dosis eines Medikaments kaufen. Aber das dürfen sie nicht.

 Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Foto: dpa/Sebastian Willnow

Ohne krankheitsbedingte Notlage haben Menschen keinen Anspruch auf Zugang zu einem Betäubungsmittel zum Zweck der Selbsttötung. Die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) schließen die Erteilung einer Erlaubnis für den Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung nämlich grundsätzlich aus. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Urteil vom 28. Mai 2019 klargestellt (Az.: 3 C 6.17).

Das oberste deutsche Verwaltungsgericht hat damit seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach lediglich in extremen Ausnahmesituationen der Zugang zu einem Betäubungsmittel zwecks schmerzloser Selbsttötung nicht verwehrt werden darf (Az.: 3 C 19.15). Diese Ausnahme in extremen Einzelfällen leitet das Gericht in dem Grundsatzurteil von 2017 aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht im Grundgesetz ab. Dieses Grundrecht „umfasst auch das Recht eines schwer und unheilbar kranken Patienten, zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben beendet werden soll, vorausgesetzt, er kann seinen Willen frei bilden und entsprechend handeln. Daraus kann sich im extremen Einzelfall ergeben, dass der Staat den Zugang zu einem Betäubungsmittel nicht verwehren darf, das dem Patienten eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermöglicht.“

Im aktuellen Fall lag eine solche Ausnahme nach Feststellung der Richter nicht vor: Die betroffenen Eheleute (geboren 1937 und 1944) sind langjährig verheiratet. Im Juni 2014 beantragten sie beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Erlaubnis zum Erwerb von jeweils 15 Gramm Natrium-Pentobarbital zum Zweck einer gemeinsamen Selbsttötung. Zur Begründung führten sie aus, sie wünschten, dass ihr Leben zu einem Zeitpunkt enden solle, in dem sie noch handlungsfähig und von schweren Erkrankungen verschont seien. Sie wollten nicht miterleben, wie ihre körperlichen und geistigen Kräfte immer weiter nachließen. Auch sei es stets ihr Wunsch gewesen, den Lebensabend nicht ohne den anderen verbringen zu müssen. Das Bundesinstitut lehnte den Antrag der Eheleute im Oktober 2014 ab, weil der Erwerb eines Betäubungsmittels mit dem Ziel der Selbsttötung nicht erlaubnisfähig sei.

Das Ehepaar klagte vor Gericht durch alle Instanzen. Ohne Erfolg. Dazu das Bundesverwaltungsgericht: Gemäß Betäubungsmittelgesetz sei die Erlaubnis zum Erwerb eines Betäubungsmittels zu versagen, wenn sie nicht mit dem Zweck dieses Gesetzes vereinbar ist, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Die Erlaubnis zum Erwerb eines Betäubungsmittels setze damit voraus, dass die Verwendung des beantragten Betäubungsmittels eine therapeutische Zielrichtung hat - also dazu dient, Krankheiten oder krankhafte Beschwerden zu heilen oder zu lindern. Das schließe die Erteilung einer Erwerbserlaubnis zum Zweck der Selbsttötung grundsätzlich aus, weil sie mit dem Ziel des Betäubungsmittelgesetzes, die menschliche Gesundheit und das Leben zu schützen, nicht vereinbar ist. Dieser Gesetzeszweck rechtfertigt es auch verfassungsrechtlich, den Zugang zu einem Betäubungsmittel zu verbieten. Soweit von dem grundsätzlichen Verbot eine Ausnahme für schwer und unheilbar erkrankte Antragsteller zu machen sei, liege diese Voraussetzung bei den Klägern im konkreten Fall nicht vor. So weit das Bundesverwaltungsgericht.

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