Armut und Sozialstaat Urteil: Flaschen-Sammlerin (53) hat Anspruch auf Hartz IV gegen das Jobcenter

Düsseldorf · Von der Armut in Deutschland handelt ein aktuelles Urteil zum Thema Hartz IV. Es geht um eine 53 Jahre alte Frau. Sie lebt in einem Bauwagen und versucht, mit dem Sammeln von Flaschen über die Runde zu kommen.

 Ein Flaschensammler in einer deutschen Großstadt. Symbolfoto.

Ein Flaschensammler in einer deutschen Großstadt. Symbolfoto.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Das Sozialgericht Düsseldorf hat einer 53 Jahre alten Frau einen Anspruch auf Sozialleistungen zum Lebensunterhalt (Harz IV) zugesprochen. Das Jobcenter hatte der Flaschensammlerin diese Leistungen zuvor verweigert. Dagegen klagte die Düsseldorferin vor Gericht. Mit Erfolg (Az.: S 37 AS 3080/19).

In dem vergangene Woche entschiedenen Fall ging es unter anderem um die rechtliche Einordnung von Angaben der Frau, die für eine Bestimmung der Höhe möglicher Sozialleistungen von Belang sind. Nach Feststellung der Richter hat die Betroffene in der Vergangenheit gegenüber dem Jobcenter Düsseldorf fragliche Angaben dazu gemacht, ob sie in einem Haus mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten und dessen Mutter wohnt - oder ob sie außerhalb des Hauses auf dem Grundstück in einem Sprinter beziehungsweise in einem Bauwagen lebt. Das Jobcenter lehnte daraufhin den Antrag der Frau auf Gewährung der Regelleistung ab. Zur Begründung verwies das Amt auf die Widersprüchlichkeiten bei den Angaben in der Vergangenheit.

Die Betroffene klagte gegen diese Ablehnung und trägt vor, dass sie keine Miete zahle und daher auch keine Kosten für eine Unterkunft geltend mache. Den Regelbedarf benötige sie jedoch dringend. Mittlerweile halte sie sich nur durchs Pfandflaschensammeln über Wasser. Unterstützung von anderen Personen erhalte sie nicht. Die 37. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf urteilte daraufhin am 8. Januar zu Gunsten der Klägerin.

Begründung: Die Kammer habe sich nach einer umfangreichen Beweisaufnahme davon überzeugen können, dass die Klägerin wohnungslos sei und häufiger auf dem Grundstück der Mutter ihres ehemaligen Lebensgefährten übernachte. Ihre Hilfebedürftigkeit stehe aber in jedem Falle fest. Sie habe weder Einkommen noch Vermögen, noch lebe sie in einer Bedarfsgemeinschaft mit einer anderen Person. Ihr stehe daher der Regelbedarf zu, so das Sozialgericht. Angerechnet werden zum Nachteil der Frau dürfe ihr dabei lediglich das Kindergeld, das ihr grundsätzlich als Kindergeldberechtigte für ihre Tochter zur Verfügung gestanden habe. Die Einnahmen aus Pfandflaschensammeln seien dagegen so gering gewesen, dass sie in diesem Einzelfall nach Ansicht der Richter anrechnungsfrei bleiben müssen. Denn diese Einnahmen aus dem Flaschenpfand hätten die Lage der Klägerin nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen vom Jobcenter nicht mehr gerechtfertigt wären. So weit das Urteil des Sozialgerichts. Es ist noch nicht rechtskräftig.

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