Mädchen (14) stirbt bei Autounfall Todesfahrer von Berus zu drei Jahren Haft verurteilt

Saarlouis · Im August 2016 starb ein Mädchen (14) an einer Landstraße bei Berus, als ein junger Mann die Kontrolle über sein Auto verlor. Jetzt stand der 23-Jährige vor Gericht und wurde zu einer Haftstrafe verurteilt.

 Bei einem Unfall in Berus im August 2016 war eine 14-Jährige ums Leben gekommen.

Bei einem Unfall in Berus im August 2016 war eine 14-Jährige ums Leben gekommen.

Foto: Becker & Bredel

Wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen und Gefährdung des Straßenverkehs hat das Amtsgericht Saarlouis einen jungen Saarländer zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Der 23-Jährige hatte am Abend des 7. August 2016 auf der kurvenreichen Landstraße zwischen Überherrn und Berus die Kontrolle über seinen zum Rennauto umgebauten Opel Zafira verloren. Das 250 PS (185 KW) starke Auto rutschte in einer Rechtskurve geradeaus mitten hinein in eine Gruppe von drei Fußgängern auf dem Gehweg. Ein 14 Jahre altes Mädchen starb unter dem Auto, ein 16-Jähriger wurde in den Wald geschleudert und schwer verletzt. Ein 19-Jähriger konnte gerade noch rechtzeitig zur Seite springen. Er blieb äußerlich unverletzt, wurde aber psychisch schwer getroffen. „Ich stand da und war wie in einer anderen Welt“, sagte er als Zeuge vor dem Amtsgericht. „Ich habe alles vor mir gesehen und konnte es nicht glauben.“

Anwohner hören Unfalllärm und Schreie

Anwohner aus Berus hörten den Autolärm, das Quietschen und die Schreie. Sie alarmierten den Rettungsdienst und einer von ihnen fuhr zur Unfallstelle. Dort nahm er den panisch schreienden 19-Jährigen in den Arm. Die beiden sowie der Angeklagte und seine Beifahrerin, die unverletzt aus dem Opel gestiegen waren, standen neben dem beschädigten Wagen am Wald. Eine Autofahrerin aus der Gegenrichtung hielt an und versuchte ebenfalls zu helfen. Beide neutralen Helfer dachten zunächst an Blechschäden. Aber der panische 19-Jährige schrie immer wieder in Richtung des Angeklagten, der sich nur um sein Auto zu kümmern schien: „Du hast meine Freundin umgebracht.“ Daraufhin sahen alle unter dem Opel nach, entdeckten die tote 14-Jährige, suchten und fanden schließlich auch den schwer verletzten 16-Jährigen.

Keine Beweise für iIlegales Autorennen

Wie es zu dem Unfall gekommen war, das versuchte das Amtsgericht mit Hilfe von mehr als 30 Zeugen und einem Gutachter an drei Prozesstagen zu klären. Dabei bestätigten sich Vermutungen nicht, wonach sich der Angeklagte mit seinem Opel an jenem Abend ein illegales Autorennen mit zwei weiteren Bekannten in zwei Mitsubishi aus dem Kreis Saarlouis geliefert haben könnten. Die beiden passierten die Unfallstelle kurz nach dem Zusammenprall des Opel mit den Fußgängern, hielten kurz an und fuhren weiter ohne zu helfen. Nach Aussage der drei jungen Männer Anfang 20 waren sie damals nur einfach so gemeinsam unterwegs. Sie hatten sich an jenem Sonntag zunächst beim Angeklagten zu Hause getroffen und den Turbolader von dessen Opel repariert. Dann fuhren sie durch die Gegend, wohl um auszuprobieren, ob alles funktioniert. Schließlich entschlossen sie sich, nach Berus zu fahren, der Angeklagte mit dem Opel vorneweg.

Zur gleichen Zeit wollten auch die späteren Unfallopfer zu dem bei jungen Leuten beliebten Treffpunkt. Sie waren zu Fuß unterwegs und machten gerade eine Pause, als der hochfrisierte Opel nach Aussage des Angeklagten mit etwa 90 Kilometern die Stunde die Straße hoch kam. Dazu der 23-Jährige: „Ich bin kein Raser. Im öffentlichen Verkehr halte ich mich an die Regeln.“ Auch bei Berus habe er vor der Kurve langsam gemacht.

Angeklagter sagt: Die Technik hat versagt

Der Angeklagte weiter: Das Auto – mit dessen Einziehung durch den Staat er sich letztlich nach zähem Ringen einverstanden erklärte – sei für ihn etwas ganz besonderes. Er habe es zum 18. Geburtstag von seinen Eltern geschenkt bekommen. Nahezu alles an dem Opel sei von ihm verändert worden. Motor, Fahrwerk, Innenraum, Auspuff. Manches davon sei beim TÜV eingetragen worden, manches nicht. Rund 15 000 Euro habe er in Umbauten investiert, so der 23-Jährige. Etwa 20 Mal sei er mit dem Wagen zum Nürburgring gefahren. Dort könnten Normalbürger für 30 Euro auf die Rennstrecke mit der berühmten Nordschleife. Und: „Wenn ich rasen will, fahre ich zur Nordschleife.“

Vor diesem Hintergrund sei er auch an jenem Abend „nicht voll geheizt“. Es sei dunkel gewesen, deshalb habe er „zart gefahren“. Vor der Rechtskurve sei er über die Mittellinie der Straße nach links, um die Kurve richtig anzufahren. So wie es die Rennfahrer machen. Aber dann habe sein Antiblockiersystem (ABS) für die Bremsen versagt. Deshalb hätten die Räder blockiert, er habe die Kurve nicht ausfahren können und sei geradeaus: „Ich konnte nicht damit rechnen, dass die Technik versagt. Da kann ich nichts dafür.“ Sein Fazit: „Hätte das ABS funktioniert, wäre ich durch die Kurve gekommen. Dann wäre der Unfall nicht passiert.“

Gutachter: Das Tempo war zu hoch

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das eine Fehleinschätzung. Laut Feststellung des verkehrstechnischen Gutachtens liegt die Kurvengrenzgeschindigkeit vor Ort bei etwa 50/55 Kilometern pro Stunde. Bei höherem Tempo sind die physikalischen Fliehkräfte in Richtung Kurvenrand zu hoch. Und im Scheitelpunkt der Kurve hatte der Opel trotz Bremsung noch eine Rest-Geschindigkeit von mindestens 63 Kilometern pro Stunde. Das ist zu viel für diese Kurve. Sie war bei diesem Tempo nicht zu schaffen – egal ob mit oder ohne ABS. Demnach war also der Angeklagte, der frühestens in etwa dreieinhalb Jahren seinen Führerschein wiedersehen dürfte, schuld an dem Unfall.

Dazu die Richter: Der Angeklagte sei an jenem Abend mit völlig unangepasster Geschwindigkeit unterwegs gewesen. „Er wollte so schnell unterwergs sein, wie es geht. Er wollte die Grenzen seines Autos und von sich selbst austesten.“ All dies habe er gemacht, um Spaß zu haben. Damit habe er das eigene Vergnügen über den Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer gestellt. So etwas sei grob verkehrswidrig und rücksichtslos. Aus Gründen der Abschreckung müsse deshalb im konkreten Fall eine Haftstrafe von drei Jahren ohne Bewährung verhängt werden. Ähnlich wie sie von der Staatsnwältin und den Vertretern der Opferfamilie gefordert worden war. Der Verteidiger des Angeklagten hatte dagegen für eine Strafe mit Bewährung plädiert. Er kündigte an, gegen das Urteil aus Saarlouis Berufung einzulegen.

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