27. Deutscher EDV-Gerichtstag in Saarbrücken Juristen und IT-Experten planen die Zukunft der Justiz in Deutschland

Saarbrücken · Die digitale Revolution macht auch vor der Justiz nicht halt. Wo heute noch physische Akten von Hand zu Hand wandern, sollen morgen digitale Medien übernehmen. Mitten drin in dieser Entwicklung und in Gedanken schon weit voraus ist der 27. Deutsche EDV-Gerichtstag in Saarbrücken.

 Etwa 900 Juristen und IT-Experten aus Deutschland und der Welt treffen sich von Mittwoch bis Freitag an der Universität des Saarlandes zum 27. EDV-Gerichtstag.

Etwa 900 Juristen und IT-Experten aus Deutschland und der Welt treffen sich von Mittwoch bis Freitag an der Universität des Saarlandes zum 27. EDV-Gerichtstag.

Foto: dpa/Oliver Berg

Die Universität des Saarlandes wird diese Woche für drei Tage zum Mittelpunkt der digitalen juristischen Welt. Etwa 900 Juristen und IT-Experten aus Deutschland und der Welt treffen sich dort von Mittwoch bis Freitag (19. bis 21. September) zum 27. EDV-Gerichtstag. Die Teilnehmer der Fachtagung mit dem diesjährigen Titel „Rechtspraxis Digital: Probleme bewältigen - Zukunft gestalten“ stammen aus Justiz, Anwaltschaft, Verwaltung, Politik und Wissenschaft. Sie wollen in vielen verschiedenen Arbeitsgruppen voneinander lernen und unter anderem beraten, wie die zukünftige Entwicklung der Justiz gestaltet und im Interesse der Allgemeinheit gesteuert werden kann.

Digitale Technik als Helfer oder als Konkurrent?

Einer der Schwerpunkte der Tagung wird der Umgang mit künstlicher Intelligenz in der zukünftigen Arbeit der Juristen sein. Wird sie die Menschen entlasten und bei ihrer Arbeit unterstützen? Oder werden Juristen in der modernen digitalen Welt irgendwann vielleicht sogar von Maschinen ersetzt? Bei der Suche nach Antworten auf diese und andere Themen wie den Datenschutz und die Hasskriminalität im Internet setzen die Veranstalter des EDV-Gerichtstages vom gleichnamigen Verein mit Sitz in Saarbrücken auf eine seit Jahren bewährte Mischung aus Information, Analyse und Diskussion. Motto: Nur wer genau weiß, wie etwas funktioniert, der kann die Chancen sowie Risiken abschätzen und die Zukunft sinnvoll gestalten.

Praktische Demonstrationen zur IT-Sicherheit

Bei aller Theorie soll auch die Praxis nicht zu kurz kommen. Also startet der Gerichtstag am Mittwochnachmittag mit einer so genannten „Hacking Session“. Dort wird es unter Federführung von Beteiligten aus Forschung, Lehre, Praxis und Hacker-Szene um die Grundlagen der IT-Sicherheit oder um den Schutz der Privatsphäre durch ein Verbot von Sendeanlagen in Alltagsgegenständen wie Kugelschreibern, Kinderuhren oder Powerbanks gehen. Auch typische Fehler bei der Software-Entwicklung von Großprojekten werden aufgearbeitet.

Künstliche Intelligenz im juristischen Alltag

Nach der offiziellen Eröffnung des Gerichtstages am Donnerstagmorgen durch den Vorstandsvorsitzenden des Deutschen EDV-Gerichtstages, Professor Stephan Ory, starten die Vorträge und Arbeitsgruppen. Den Eröffnungsvortrag mit dem Thema „Künstliche Intelligenz als juristische Assistenz“ wird Professor Wolfgang Wahlster, der Vorsitzende des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) halten. Im Anschluss soll es um die Rolle der modernen Technik im Versicherungswesen gehen, wo sie vom Vertragsschluss bis zur Schadensabwicklung eine immer größere Rolle spielt und spielen wird.

Hasskriminalität im Netz - Was soll man dagegen tun?

Eine der düsteren Seiten der technischen Entwicklung ist die Hasskriminalität im Internet. Wegen der permanenten Verfügbarkeit entsprechender Postings oder Kommentare besteht die Gefahr, dass diese sich gegenseitig verstärken und immer mehr Nutzer dazu bringen, auf den vermeintlich fahrenden Zug mit eigen Hass-Äußerungen aufzuspringen. Eigentlich müsste man solche Posts oder Hasskommentare immer strafrechtlich verfolgen und sofort löschen. Aber oft ist ihr Inhalt nicht eindeutig. Und ein extensives Löschen in sozialen Netzwerken führt unter Umständen zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit. Während der Hass in versteckteren Bereichen des Internets weiter blüht.

Zu Lösung dieses Spannungsverhältnisses wurde 2017 in Nordrhein-Westfalen das Projekt „Verfolgen statt nur Löschen“ gegründet. Dort arbeiten Strafverfolger, Medienhäuser und Medienaufsicht gemeinsam im Kampf gegen den Hass im Netz. Sie werden in Saarbrücken die Ergebnisse ihrer bisherigen Zusammenarbeit präsentieren. Sie sehen darin einen Beitrag zum Schutz der vom Hass betroffenen Menschen und zum Erhalt der Meinungsfreiheit.

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