Fußgänger und E-Mobilität auf dem Prüfstand Gericht: Fußgänger haben auf dem Gehweg Vorrang vor elektrischen Fahrzeugen

Koblenz · Es wird oft eng auf den kombinierten Gehwegen für Fußgänger und Radfahrer. Und mit dem Fortschreiten der elektrischen Mobilität wird es noch enger. Aber wer hat Vor“fahrt“?

 Ganz schön viel los auf den Wegen für Fußgänger, Radfahrer und Leute mit anderen elektrisch angetriebenen Fahrzeugen wie einem Segway. Symbolfoto.

Ganz schön viel los auf den Wegen für Fußgänger, Radfahrer und Leute mit anderen elektrisch angetriebenen Fahrzeugen wie einem Segway. Symbolfoto.

Foto: dpa-tmn/Ingo Wagner

Fußgänger haben auf einem kombinierten Fuß- und Radweg gegenüber Elektrokleinstfahrzeugen wie einem Segway absoluten Vorrang. Das hat das Oberlandesgericht Koblenz in einem Beschluss grundsätzlich klargestellt. In ihrer Entscheidung verdeutlichen die Richter auch, wer sich auf einem kombinierten Gehweg wie zu verhalten hat (Az.: 12 U 692/18).

Demnach kann sich ein Fußgänger dort frei bewegen. Er muss nicht fortwährend nach Fahrzeugen Ausschau halten, um ihnen ausweichen zu können. Vielmehr haben die Fahrer ihre Fahrweise und Fahrgeschwindigkeit so anzupassen, dass es nicht zu einer Behinderung oder Gefährdung des Fußgängers kommt. Hierzu gehört es auch, durch Warnsignale, Blickkontakt oder auf andere Weise eine Verständigung mit dem Fußgänger zu suchen. Achtet oder reagiert ein Fußgänger nicht auf Warnsignale, muss das Fahrzeug bis zum Stillstand abgebremst werden, wenn dies erforderlich ist, um eine Behinderung oder Gefährdung zu vermeiden. So weit der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz in seinem Beschluss.

Der Senat hat damit ein entsprechendes Urteil des Landgerichts Mainz (Az.: 4 O 189/17) bestätigt. Das Landgericht hatte in erster Instanz die Klage einer Segway-Fahrerin gegen einen Fußgänger abgewiesen. Die Frau war als Teil einer Gruppe von Segway-Fahrern auf einem kombinierten Geh-/Radweg unterwegs. Der spätere Beklagte war dort als Fußgänger gerade damit beschäftigt Fotos zu machen. Als er dabei rückwärts ging, stießen beide zusammen, woraufhin die Frau mit ihrem Segway stürzte. Sie hat im Prozess angegeben, sich durch den Sturz erheblich verletzt zu haben, wobei es auch zu Folgeerkrankungen gekommen sei. Daran sei der Fußgänger schuld. Er müsse deshalb unter anderem Schmerzensgeld zahlen.

Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Klägerin den Unfall verschuldet habe, weil sie auf den Fußgänger nicht hinreichend Rücksicht genommen und hierdurch ihre Pflichten als Fahrzeugführerin erheblich verletzt habe. Eine Haftung des Beklagten scheide daher aus. Das Oberlandesgericht hat diese Linie bestätigt. Maßgebend war hierbei, dass nach der Gesetzeslage der Fußgänger auf dem kombinierten Fuß- und Radweg absoluten Vorrang gegenüber der Beklagten auf ihrem Elektrokleinstfahrzeug gehabt habe. Der Beklagte habe sich daher nicht fortwährend nach Verkehrsteilnehmern, die die Strecke befahren durften, umschauen müssen.

Der Fußgänger habe vielmehr darauf vertrauen dürfen, dass die den Weg befahrenden Verkehrsteilnehmer auf ihn Acht geben, also ihre Fahrweise und Geschwindigkeit anpassen, durch Warnsignale rechtzeitig auf sich aufmerksam machen und sicherstellen, dass diese Warnsignale auch rechtzeitig von ihm wahrgenommen und verstanden werden. Hierzu sei, wenn erforderlich, Blickkontakt herzustellen oder auf andere Weise eine Verständigung zu suchen gewesen. Achte oder reagiere ein Fußgänger nicht auf Warnsignale, müsse das Fahrzeug angehalten werden, wenn nur so eine Behinderung oder Gefährdung des Fußgängers vermieden werden könne.

Diese erhöhten Sorgfaltspflichten hat die Klägerin nach Feststellung der Richter nicht beachtet. Die Segway-Fahrerin treffe auf Grund ihres Versäumnisses ein so hohes Verschulden am Zustandekommen des Unfalles, dass ein etwaiges Mitverschulden des Fußgängers (durch das unachtsame Rückwärtsgehen) zurücktrete. So weit das Oberlandesgericht. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

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