Von Armut und Elend in einer reichen Stadt Flaschen-Sammler soll wegen Diebstahls von Altglas bestraft werden

München · Eine schlimme Geschichte aus einer reichen, schönen Stadt. In München sollten ein Rentner und eine Putzfrau bestraft werden, weil sie aus einem Altglascontainer 18 Flaschen im Wert von 1,44 Euro gefischt hatten.

 Ein Mann sucht nach Pfandflaschen oder Pfanddosen in Berlin. Symbolfoto.

Ein Mann sucht nach Pfandflaschen oder Pfanddosen in Berlin. Symbolfoto.

Foto: picture alliance / Wolfram Stein/dpa Picture-Alliance/Wolfram S

An Weihnachten und bei den guten Wünschen fürs neue Jahr geht es regelmäßig um Liebe, Respekt und Mit-Menschlichkeit. Dazu passt eine Geschichte, die nachdenklich und traurig macht. Sie spielt rund um den vergangenen Jahreswechsel im schönen München. Dort wurden aufmerksame Anwohner und konsequente Vertreter der Staatsanwaltschaft mit aller Macht gegen zwei Flaschensammler aktiv. Die Putzfrau und der Rentner sollten wegen Diebstahls von alten Flaschen büßen. Das Ganze hätte richtig ungerecht werden können. Aber zum Glück kam es nicht so weit.

Anwohner beobachten Flaschensammler und rufen die Polizei

Damit zu den Einzelheiten des Falles: Im Oktober 2016 angelte ein Ehepaar aus München, von Beruf Rentner und Reinigungskraft, mithilfe eines Greifarmes Flaschen aus einem Altglascontainer. Die beiden hatten vor, anschließend das Pfand für die Flaschen einzulösen. Bei der Sammelaktion wurden sie von Anwohnern beobachtet und der Polizei gemeldet.

Staatsanwaltschaft will Strafe - Richter lehnt ab

Die Polizei wurde aktiv. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren ein und beantragte schließlich für beide Eheleute beim Amtsgericht München Strafbefehle wegen Diebstahls. Der zuständige Richter lehnte den Erlass der Strafbefehle ab. Er vertritt die Rechtsmeinung, dass überhaupt kein messbarer Diebstahlschaden entstanden sei. Man könne nämlich bei der Berechnung des Wertes der Flaschen nicht einfach deren Pfandwert zu Grunde legen. Dieser Pfandwert der aus dem Container entwendeten Altglasflaschen betrage zwar insgesamt 1,44 Euro. Allerdings würden die Flaschen mit dem Einwurf in den Altglascontainer dem Pfandkreislauf entzogen.

Wert der Pfand-Flaschen beim Einschmelzen unklar

Der Amtsrichter dazu weiter: „Mit dem Einwurf der Glasflaschen in den Container geht das Eigentum an den Flaschen auf den Betreiber der Altglascontainer über.“ Von ihrem Eigentümer würden solche Pfandflaschen aber nicht aussortiert sondern mit den anderen Flaschen eingeschmolzen. Maßgeblich für die Berechnung ihres Wertes sei deshalb der Wert, den die insgesamt 18 entwendeten Glasflaschen für diese Recycling-Firma haben. Dieser Wert des eingeschmolzenen Glases sei jedoch „so minimal“, dass er im konkreten Fall gar nicht habe geklärt werden können. Es sei deshalb unklar geblieben, welchen Wert die 18 Flaschen im Rahmen des Recyclingprozesses am Ende überhaupt haben.

Staatsanwaltschaft geht in die nächste Instanz - Ohne Erfolg

Diese Begründung des Amtsgerichts leuchtet ein. Und eigentlich hätte die Sache spätestens hier zu Ende sein können. Aber nein. Gegen die Entscheidung des Amtsrichters legte die Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde zum Landgericht ein. Das musste offenbar sein.

Was die Richter der zweiten Instanz davon gehalten haben, das ist nicht überliefert. Lediglich ihr Ergebnis ist bekannt: Das Landgericht hat per Beschluss die sofortige Beschwerde der Anklagebehörde verworfen. Damit wurde die Entscheidung des Amtsgerichts über die Ablehnung des Erlasses der Strafbefehle rechtskräftig. Die Putzfrau und der Rentner werden also wegen der 18 Pfandflaschen nicht bestraft. Die juristische Seite des Falles ist damit geklärt. Der Rest ist eine ziemlich traurige Geschichte von Elend und Armut in einer schönen und reichen Stadt.

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