Gefängnisstrafe wegen Amtsanmaßung Falscher Rettungssanitäter mit Blaulicht und Martinshorn unterwegs: Nun soll er in Haft

München · Wenn ich groß bin, werde ich Feuerwehrmann oder Rettungssanitäter. Viele kleine Jungen träumen von den großen Autos mit Blaulicht und Martinshorn. Auch ein erwachsener Mann träumte davon. Aber er schaffte es nur bis zum Rettungshelfer. Trotzdem machte er so, als ob er Rettungssanitäter sei. Deshalb soll er nun ins Gefängnis.

 Ein Rettungswagen im Einsatz. Symbolfoto.

Ein Rettungswagen im Einsatz. Symbolfoto.

Foto: dpa/Nicolas Armer

Nach einer vorgetäuschten Rettungsfahrt hat das Amtsgericht München einen geschiedenen Rettungsdiensthelfer wegen Amtsanmaßung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Außerdem wurde dem 36 Jahre alten Mann der Führerschein entzogen und eine Sperrfrist für dessen Neuerteilung von fünf Jahren verhängt.

Der Angeklagte, der keine amtliche Rettungskraft ist, war Anfang Mai 2019 gegen 10.15 Uhr mit einem Rettungswagen auf der Prinzregentenstraße in München unterwegs. Das Fahrzeug war ihm zur Durchführung von Reparaturarbeiten in einer Werkstatt übergeben worden. Ohne Berechtigung schaltete er die Sondersignale Blaulicht und Horn an. Wie beabsichtigt hielten ihn andere Verkehrsteilnehmer für eine amtliche Rettungskraft. Sie machten ihm durch Spurwechsel und Anhalten an einer für sie Grünlicht zeigenden, für den Angeklagten Rotlicht signalisierenden Ampel an der Kreuzung zum Oskar-von-Miller-Ring Platz. Der Mann hatte zudem für sich selbst und zum Vorzeigen einen Phantasieausweis (Rettungsdienst) gefertigt. Frühere Phantasieausweise waren ihm amtlich abgenommen worden.

Der 36-Jährige legte vor Gericht ein Geständnis ab. Er gab zu, dass er den Rettungswagen aus der Rettungswache geholt und vor seiner Wohnung geparkt habe. Später sei er mit Sondersignalen durch die Stadt gefahren. Dabei habe er sich gut gefühlt. „Ich gebe den Vorfall zu; es war rücksichtslos. Ich wollte nur Anerkennung und Aufmerksamkeit erhalten. Meine Familie hat immer gesagt, dass aus mir nichts wird.“ Dennoch habe er im Rettungsdienst als Helfer gearbeitet. Aber: „Meine Prüfung zum Rettungssanitäter habe ich aus Angst und Zweifel nicht abgelegt.“

Auch ohne diese Prüfung scheint der Angeklagte gut zu den Patienten gewesen zu sein. Sein Arbeitgeber bescheinigte ihm jedenfalls einen „kompetenten und von hoher Empathie getragenen Umgang mit den Patienten“. Aber das genügte dem Mann offenbar nicht. Ihm hatten es die die großen Rettungswagen angetan. Das bemerkte auch der Polizist, der den Vorfall in der Prinzregentenstraße festgestellt und fotografiert hat. Er erinnerte sich daran, dass er den 36-Jährigen bereits zwei Tage zuvor an einem See bei einem Rettungsfahrzeug gesehen habe. Dort sei einem Kollegen eingefallen, dass der Angeklagte schon mal bei einem großen Rettungsdienstunternehmen entlassen worden war. Und der Angeklagte habe zu ihm gesagt, „wenn Sie mir diesen Wagen wegnehmen, nehme ich mir den nächsten und mache es wieder“. Fazit des Polizeibeamten: Bei dem Angeklagten würde wohl gar nichts fruchten.

Ähnlich sah dies auch die zuständige Richterin, die den 36-Jährigen als Wiederholungstäter einstufte. Das Bundeszentralregister weise elf Eintragungen auf, unter anderem mehrere wegen Amtsanmaßung. Festzustellen sei auch, dass mehrere Verurteilungen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vorliegen, sowie ein Verstoß gegen das Telefonkommunikationsgesetz wegen des unerlaubten Abhörens von Funksprüchen. Der voll geständige Angeklagte habe insoweit im Rahmen von zwei offenen Bewährungen gehandelt, so die Richterin weiter. Insgesamt stehe er nun zum 6. Mal wegen Amtsanmaßung vor Gericht.

Fazit: Die zurückliegenden Vorstrafen sowie das Verhalten des 36-Jährigen gegenüber dem Zeugen zeigen, dass er jeweils Einsicht vorgibt, aber dann doch uneinsichtig bleibt und weder aus seinen Vorstrafen noch den Gerichtsverhandlungen etwas gelernt hat. Eine Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung komme vor diesem Hintergrund nicht mehr in Betracht. Der Vollzug der Freiheitsstrafe sei vielmehr auch zum Schutz der Bevölkerung unausweichlich. Außerdem, so die Amtsrichterin weiter, habe der Angeklagte durch sein wiederholtes und nachhaltiges Handeln gezeigt, dass er zum Führen eines Kraftfahrzeuges ungeeignet ist. Deshalb sei der Führerschein einzuziehen. Und im Hinblick auf die einschlägigen Vorstrafe sowie das Voranstellen der eigenen Bedürfnisse über die der anderen Verkehrsteilnehmer sei die Höchstdauer des Führerscheinentzugs anzuordnen (Az.: 821 Ds 431 Js 188048/18). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte haben Berufung eingelegt.

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