Demo gegen Nazis: Teilnehmer schlägt Polizisten mit Fahnenstange

Saarbrücken · Ein Jahr nach dem Neonazi-Aufmarsch der „Sturmdivison Saar“ in Völklingen gab es ein juristisches Nachspiel. Auf der Anklagebank saß einer der 200 Gegendemonstranten. Er hatte einen Polizisten mit einer Fahnenstange geschlagen und verletzt.

Nach dem angeblich politisch motivierten Angriff auf einen Polizisten bei einer Demonstration in Völklingen hat das Amtsgericht Saarbrücken einen jungen Mann (21) zu acht Monaten Gefängnis auf Bewährung und 90 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Außerdem muss das Mitglied der Antifaschisten von der Antifa Saar 400 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Der Angeklagte hatte zuvor zugegeben, dass er als 20-Jähriger am 10. Mai 2014 dem Beamten mit einer Fahnenstange auf den Kopf geschlagen habe. Dazu sagte der Mann, der Sozialarbeiter werden will: "Dies war kein Akt jugendlicher Gewalt." Es sei eine Reaktion auf die Gewalt der Polizei an jenem Tag gewesen. Diese habe den Nazis der "Sturmdivision Saar" bei deren Aufzug zum Gedenken an den 70. Jahrestag der Bombardierung von Völklingen-Wehrden den Weg freigeräumt. Damit habe die Polizei das Tun der Nazis unterstützt.

Diese Einschätzung der Ereignisse an jenem Tag im Mai teilten anschließend weder die Zeugen noch Staatsanwältin und Gericht. Nach deren Feststellungen gab es damals eine genehmigte Demonstration mit etwa 25 Leuten der "Sturmdivision". Parallel dazu waren etwa 200 Gegendemonstranten unterwegs, davon etwa 40 bis 50 von der Antifa. Aufgabe der Polizei war es, allen Demonstranten die Ausübung ihrer Demonstrationsfreiheit zu ermöglichen. Dies sollte dadurch geschehen, dass die beiden Seiten räumlich getrennt bleiben. Dafür bekam die saarländische Polizei Verstärkung aus anderen Bundesländern. Eine dieser Einheiten aus Hessen holte die Antifaschisten am Bahnhof ab, setzte sich vor sie und verlangsamte das Tempo. Mit dabei war ein großer Polizist mit hellen, extrem kurzen Haaren. Er wurde von dem Angeklagten aus der ersten Reihe der Antifa offenbar als Nazi und Ähnliches beschimpft. Dazu sagte der 34-jährige Beamte vor Gericht: "Weil wir Polizisten sind und auch die Nazis schützen müssen, werden wir mit den Nazis in einen Topf geworfen."

Die Demonstrationen gingen weiter. Dazu ein anderer Beamter aus der ersten Reihe: "Es war so, wie eine Demo sein soll - laut, bunt und kreativ. Keine Gewalt. Keine Aggression." Deshalb hätten die Polizisten auch ohne Helme vor den Demonstranten gestanden. Dann sei es aber etwas hektisch geworden. Die Antifa-Leute hätten den Weg der Neo-Nazis blockiert, als diese im Anmarsch waren. Daraufhin sei die Anweisung gekommen, den genehmigten Weg freizumachen. Also habe die doppelte Polizeireihe die Gegendemonstranten auf die Seite geschoben in Richtung einer Wand. Der 26 Jahre alte Polizist weiter: Plötzlich habe er hinter einem Transparent der Antifa eine rote Fahnenstange gesehen. Die wurde nach unten geschlagen und traf ihn am Kopf über dem Auge. Der Beamte erlitt eine Prellung mit einer leicht blutenden Schürfwunde und wurde ärztlich versorgt. Dann konnte er zurück zum Einsatz, wo er noch sah, wie der spätere Angeklagte von anderen Polizisten aus der Gruppe der Demonstranten geholt und trotz leichter Gegenwehr festgesetzt wurde.

Fazit der Richter: Das Ganze sei als Beleidigung, gefährliche Körperverletzung und Widerstand gegen Polizisten strafbar. Es handele es sich auch nicht mehr um jugendtypisches, spontanes Verhalten. Der Angeklagte habe als Erwachsener gehandelt, der nach eigener Aussage ein politisches Zeichen setzen wollte. Dabei habe er die Grenzen des Erlaubten eindeutig überschritten. Und dafür müsse er nun gerade stehen.

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