Anlagebetrug: Geld ist weg – Aber trotzdem werden Steuern fällig

München · Dumm gelaufen: Wer sein Geld einem Anlagebetrüger anvertraut, der riskiert nicht nur den Verlust des Kapitals. Er muss auch damit rechnen, dass Steuern für nicht ausgezahlte Zinsen fällig werden.

Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass die Opfer eines so genannten Schneeballsystems unter bestimmten Umsätzen Steuern für nicht ausgezahlte Zinsen entrichten müssen. Im Extremfall kann dies dazu führen, dass Geldanleger nach dem Totalverlust ihres Anlagekapitals zudem noch Zinsen für etwas bezahlen, dass sie nicht bekommen haben (Az.: VIII R 25/12).

Im konkreten Fall hatte ein Anleger hochverzinsliche Kapitalanlagen bei dem Betreiber eines so genannten Schneeballsystems abgeschlossen. Solche Systeme werden strafrechtlich regelmäßig als Anlagebetrug eingestuft. Sie funktionieren so: Jemand verspricht hohe Zinssätze und sammelt Kapital bei meist gutgläubigen Anlegern. Aus diesem Kapital und aus dem Kapital späterer Anleger werden die versprochenen Zinsen bezahlt. Wie ein Schneeball wird das System dann immer größer. Das eingesetzte Kapital wird dabei nicht investiert, es wird verbraucht für Zinsauszahlungen und den meist sehr luxuriösen Lebenswandel der Anlagebetrüger. Und der Schneeball dreht sich weiter. Ab einem gewissen Punkt lassen sich dann viele Geldanleger ihre Zinsen nicht mehr ausbezahlen. Sie lassen das Geld quasi stehen und reinvestieren es in das System.

So war es auch bei dem Anleger in dem aktuell entschiedenen Fall. Er erhielt aus dem Schneeballsystem Gutschriften über Zinserträge, die er sich teilweise auszahlen ließ und teilweise wieder anlegte. Das eigentliche Anlagekapital war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr vorhanden. Der Betreiber des Schneeballsystems forderte deshalb den Kläger und die übrigen Anleger telefonisch jeweils auf, den fälligen Zinsbetrag erneut anzulegen. Kamen die Anleger dieser Aufforderung nicht nach, erfüllte er die Wünsche seiner Kunden auf Auszahlung der Zinsen.

Aus Sicht des Bundesfinanzhofs ist dies der entscheidende Punkt. Motto: Der Anleger hätte sein Geld bekommen können. Aber stattdessen habe er es wieder investiert. Damit handele es sich um steuerbare Einkünfte aus Kapitalvermögen. Solche steuerpflichtigen Einkünfte würden nicht nur erzielt, wenn Zinsen tatsächlich ausgezahlt werden, sondern bereits dann, wenn Erträge gutgeschrieben werden und sofort wieder angelegt werden. Voraussetzung ist allerdings nach Feststellung der Richter, dass der Betreiber des Schneeballsystems leistungsbereit und leistungsfähig ist. Dies ist der Fall, solange er Auszahlungsverlangen des jeweiligen Anlegers tatsächlich erfüllt. Dann steht der Steuerpflicht der Kapitalerträge nicht entgegen, dass der Betreiber des Schneeballsystems die Auszahlungswünsche sämtlicher Anleger nicht mehr befriedigen könnte, da bereits ein Verlust der Anlagesumme eingetreten ist.

Damit bestätigte der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung zur Besteuerung von Einkünften aus der Beteiligung an einem Schneeballsystem. Danach hat der betroffene Anleger nicht nur die vom Betreiber des Systems als Zinsen geleisteten Zahlungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern. Vielmehr können auch Zinsgutschriften oder die Wiederanlage fälliger Zinsbeträge zu solchen steuerpflichtigen Einkünften führen. red/wi

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