Wer hat auf Borgward gewartet?

Frankfurt · Vor über 50 Jahren ist die Automobilmarke Borgward vom Markt verschwunden. Auf der Autoausstellung in Frankfurt feiert sie jetzt ein merkwürdiges Comeback. Geldgeber ist ein chinesischer Nutzfahrzeughersteller, und beim ersten Modell handelt es sich um ein großes SUV.

 Beim neuen Borgward BX7 handelt es sich um ein China-SUV, das sich mit einem alten deutschen Markennamen schmückt. Foto: Kirchberger

Beim neuen Borgward BX7 handelt es sich um ein China-SUV, das sich mit einem alten deutschen Markennamen schmückt. Foto: Kirchberger

Foto: Kirchberger

Der China-Hype auf der IAA ist verflogen. Noch vor wenigen Jahren waren selbst Experten überzeugt, die Automarken aus dem Reich der Mitte würden mit dem Wissen, das sie von ihren westlichen Joint-Venture-Partnern erlernt haben, das Heft selbst in die Hand nehmen und den europäischen Markt mit eigenen Produkten und Niedrigpreisen im Sturm einnehmen. Heute herrscht fast vollständige Funkstille.

Nur eine Marke auf der IAA, der größten Automesse der Welt, stammt aus China, und die hat urdeutsche Wurzeln. Borgward ist wieder da. Nach der Insolvenz und der Auflösung des Unternehmens 1963 meldeten sich auf dem Genfer Autosalon in diesem Jahr die späten Erben zurück, kündigten eine Wiedergeburt der Marke an und ein neues Modell, das als Crossover-SUV auf der Frankfurter IAA rund sechs Monate später debütieren sollte. Das Versprechen wurde eingelöst, der Borgward BX7 steht in den Frankfurter Hallen und nicht wenige wundern sich, wie das gelingen konnte. Der Borgward-Enkel Christian hat mit Geschäftspartnern einen chinesischen Nutzfahrzeughersteller als Investor gewinnen können. Als Unternehmensleiter wurde der ehemalige Daimler-Manager Ulrich Walker eingestellt. Der Sitz der Firma ist Stuttgart, dort wurde der BX7 entwickelt, gebaut wird er in China, wo er alsbald auf den Markt kommen soll. Bei uns werden bis zum Start wohl eher noch zwei Jahre vergehen. Im volumenträchtigen Markt der Volksrepublik passt das SUV gut ins Bild. Den Namen kennt dort jedoch niemand. Bei uns birgt er allenfalls für ältere Autofahrer, die sich an Baureihen wie Isabella oder Hansa erinnern, noch einen gewissen Wohlklang. Warum jedoch sollten sie einen Borgward BX7 den Angeboten deutscher Hersteller oder den etwas günstigeren Modellen japanischer und koreanischer Marken vorziehen?

Über das Design erlangt der Borgward keine Attraktivität. "Fantasiefrei wie ein Eierbecher", kommentierte ein Chronist. Der übergroße Kühlergrill und Anleihen aus vielen gängigen Formensprachen ergeben keinen Charakter. Die Leistung des 224 PS/165 kW starken 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbobenziners ist beachtlich. Es soll sogar eine Plug-in-Hybridversion mit 401 PS/295 kW Systemleistung folgen, die rein elektrisch angetrieben 55 Kilometer weit kommen soll. Front- oder Allradantrieb stehen zur Wahl, außerdem fünf oder sieben Sitzplätze auf 4,71 Metern Länge. Der Kofferraum fasst bis zu 1344 Liter, das ist ein eher erbärmlicher Wert.

Über den Preis, der noch nicht bekanntgegeben wurde, ließe sich das SUV ebenfalls kaum an den Mann bringen. Selbst wenn er ausgesprochen niedrig ausfallen sollte, wäre die chinesische Herkunft des BX7 vielen Kunden ein Verweigerungsgrund.

Ob die Marke die Zeit bis zum tatsächlichen Start der Baureihe übersteht, ist fraglich. Denn angesichts der sich eintrübenden Stimmung auf dem Markt im Reich der Mitte gerät selbst der potenteste Geldgeber ins Grübeln. Und um gegen die vielen Wettbewerber in einem zurzeit heiß umkämpften Segment bestehen zu können, helfen nur eine souveräne finanzielle Ausstattung und frische Ideen. Zumindest Letztere fehlen beim Borgward-SUV.

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