Technik aus der Formel 1 entzückt Motorradfahrer

München · Totgesagte leben länger, so auch der Boxermotor von BMW. Luftgekühlt treibt er das brandneue Retro-Bike R nineT an und mit Wasserkühlung zwei neue Tourer für Fern- und Abenteuerreisen: die Supertourer R 1200 RT und die R 1200 GS Adventure.

 Bestückt mit luftgekühltem Boxermotor: die BMW R nineT im nostalgischen Roadster-Look. Fotos: BMW

Bestückt mit luftgekühltem Boxermotor: die BMW R nineT im nostalgischen Roadster-Look. Fotos: BMW

 Mit der R 1200 GS Adventure geht's locker durchs Gelände.

Mit der R 1200 GS Adventure geht's locker durchs Gelände.

 Für Fernreisen bestens geeignet: die BMW R 1200 RT. Foto: Schütze

Für Fernreisen bestens geeignet: die BMW R 1200 RT. Foto: Schütze

Foto: Schütze

Jahrelang befürchteten Fans angesichts verschärfter Lärm- und Abgasnormen das baldige Ende des Boxermotors in BMW-Motorrädern. Doch dann kam Anfang 2013 die Teil-Wasserkühlung. Sie sorgt heute in drei Modellen für optimale Abgas- und Lärmwerte.

Und seit März schlägt im kultverdächtigen Retro-Roadster R nineT sogar wieder ein luftgekühltes Boxerherz. Das Motorenkonzept von 1923 wirkt heute vitaler denn je.

Max Friz war 1923 der Retter der Bayerischen Motorenwerke. Mit einem Geniestreich bewahrte er die Firma vor dem Ruin, denn das damalige Hauptgeschäft, der Bau von Flugzeugmotoren, war durch die Versailler Verträge plötzlich verboten. Kurzerhand verwirklichte der Schwabe ein Motorrad mit quer eingebautem Boxermotor, der seine Kraft über eine Kardanwelle ans Hinterrad abgibt. Die damalige R 32 ist längst legendär. Und hochmoderne Motorräder wie die neue R nineT führen heute ihr altbewährtes Konzept in die Zukunft. Der luftgekühlte Zweizylinder-Motor ist mit niedrigem Schwerpunkt, knackigem Sound und klassischer Optik der ideale Antrieb für das neue Schmuckstück unter den bayerischen Motorrädern. Für 14 500 Euro glänzt der nostalgisch designte Roadster mit zweifarbigem Alutank, stählernem Frontscheinwerfer im Look der Vorkriegszeit und puristischer Technik, wohin man sieht. Liebevolle Detailarbeit steckt in gebürstetem Aluminium, gefrästen oder geprägten Teilen. Das schicke Gesamtergebnis wirkt wie ein Manufaktur-Motorrad aus den 60er Jahren. Mit dem luftgekühlten Boxermotor kann sogar der 2017 kommende Euro-4-Grenzwert einhalten werden.

Anders sieht die Sache beim Allrounder und Bestseller R 1200 GS, dem Abenteuer-Gefährt GS Adventure und der Supertourer R 1200 RT aus. Luft-Wasserkühlung sorgt hier für optimale Effizienz. Die gezielte Präzisionskühlung mit Flüssigkeit kommt aus der Formel 1 und senkt die Arbeitstemperaturen der thermisch besonders belasteten Teile, wie etwa der Auslassventile. Und: Das Benzin-Luftgemisch strömt hier senkrecht durch die Zylinder. Wer jemals versucht hat, im Liegen zu trinken, kann den Vorteil gegenüber dem Querdurchfluss nachvollziehen. Ein Nachteil ergibt sich jedoch für Puristen. Die Auspuffkrümmer ragen jetzt nach unten aus dem Zylinder - vorbei sind also die Zeiten der beim luftgekühlten Boxer vom Vollgasfahren blau gefärbten Chromrohre.

Der luft-wassergekühlte Boxermotor kommt jetzt schon drei Modellen zugute. Zuerst war vor einem Jahr die Allrounder GS an der Reihe. Jetzt kommen die neuesten Modelle von GS Adventure und RT mit 125 PS/92 kW sowie 125 Nm Drehmoment dazu. Die Schubkraft genießt vor allem der Zweirad-Abenteurer, wenn er mit der Adventure auf Weltreise oder ins extreme Gelände geht. Schon bei geringem Tempo schiebt der Boxermotor dank zusätzlicher Schwungmasse souverän an und treibt die 260 Kilogramm schwere Fuhre gen Horizont.

Fürs Gelände gerüstet

Hochaufgeschossen und wuchtig kam der Fernreisedampfer Adventure schon immer daher. Beim jüngsten Modell ist die Sitzhöhe gar auf gigantische 890 bis 910 Millimeter angestiegen. Wer kein ausgesprochener Langbeiner ist, freut sich wenigstens über den schmalen Sitzbogen und gewöhnt sich nach einiger Zeit sogar an den breiter gewordenen Tank. Der garantiert jetzt mit 30 Litern Volumen fernreisetaugliche Reichweiten - und staunende Blicke bei Tankwarten in aller Welt, die das Alufass befüllen und der Anzeige der Zapfsäule kaum trauen. Der Hightech-Boxer zeichnet sich durch zurückhaltenden Durst aus, so kommt man mit einer Füllung ungewöhnlich weit.

Fürs extreme Gelände hat BMW spezielle Fahrmodi gegen Aufpreis parat. Längere Federwege und mehr Bodenfreiheit als bisher sorgen außerdem dafür, dass den Adventure-Piloten jenseits asphaltierter Straßen so schnell nichts schocken kann. Selbst den hoch klingenden Basispreis von 15 900 Euro hat er ja zuvor schon verdaut.

Lust auf Weltreisen

Weitere 1090 Euro extra sind für die neue Supertourer BMW R 1200 RT fällig. Seit Ende der 70er Jahre gilt die RT als vorbildliches Bike für Weltreisen auf befestigten Straßen. Die Hightech-Version des Boxermotors ist eine weitere Verbesserung. Außer dem hohen motorischen Fahrkomfort mit souveräner Durchzugskraft glänzt die RT mit verbessertem Wind- und Wetterschutz sowie toller Ausstattung: Zentralverriegelung (samt Koffersystem), Tempomat, Schaltautomat und gegen Aufpreis eine Berganfahrhilfe namens Hill Start Control. Wer dies für übertrieben hält, sollte mal versuchen, einen 274-Kilogramm-Koloss wie die RT an heftiger Steigung anzufahren.

Egal, ob luftgekühlt als Nostalgie-Antrieb im Roadster R nineT oder luft-wassergekühlt als Hightech-Aggregat in den Weltreisebikes Adventure und RT, der Boxer von BMW lebt weiter.

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