Steuern, Ölpreis, Herstellung So kommen die Preise für Benzin und Diesel zustande

Service · Die Spritpreise in Deutschland sind im Zuge des Kriegs in der Ukraine in die Höhe geschossen. Doch wie entstehen die Preise für Benzin und Diesel an der Zapfsäule genau und sind Preisabsprachen im Spiel?

Nachdem die Spritpreise durch den Angriff Russlands auf die Ukraine plötzlich stark angestiegen sind, ist auch ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn kein Ende der Kampfhandlungen in Sicht. Aber wie hängt der Krieg mit den Preisen an der Tankstelle zusammen? Hier spielt vor allem die Erwartungen an den Börsen hinein und das schlägt sich im Preis für Rohöl nieder.

Förderkapazitäten & Nachfrage: Wie der Preis für Rohöl zustande kommt

Der Preis für ein Barrel (159 Liter) Brent liegt bei 100,03 US-Dollar (24. August 2022). Dieses Rohöl wird in der Nordsee gefördert. Ein Barrel des amerikanischen Rohöls West Texas Intermediate (WTI) kostet 93,47 US-Dollar (22. August 2022). Allein der Preis des Rohöls hängt von verschiedenen Faktoren ab. Da wären zum einen ganz klassisch Angebot und Nachfrage auf dem Markt. Je mehr Öl benötigt wird, desto höher steigt der Preis.

Dann kommen die Förderkapazitäten hinzu. Die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) regelt mit den Fördermengen auch den Ölpreis. Ziel der Organisation sind möglichst stabile und hohe Einnahmen für die Mitgliedsländer. Ein zu hoher Ölpreis würde allerdings der Weltwirtschaft schaden und damit den Opec-Ländern ebenfalls. Deshalb kann die Opec durch Erhöhung der Fördermengen auch den Preis wieder drücken.

Spritpreis: So viel kosten Benzin und Diesel in anderen EU-Ländern
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So viel kosten Benzin und Diesel bei unseren europäischen Nachbarn

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Foto: dpa/Wolfram Steinberg

Spekulanten beeinflussen den Öl-Preis

Ein weiterer Faktor ist der Handel an Rohstoffbörsen. Bei sogenannten Termingeschäften wird eine Öllieferung zu einem bestimmten Preis für einen bestimmten Zeitpunkt vereinbart. Hier handeln auch Anleger, die dadurch auf hohe Gewinne setzen. Das ist mit einer der Hauptgründe für schwankende Ölpreise. Durch einen Krieg wie jetzt in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland könnte es künftig zu Lieferengpässen bei Öl kommen.

Das ist auch der Grund, warum die Aussicht auf Verhandlungserfolge zwischen der Ukraine und Russland oder die Nachricht über Fortschritte bei den Atomverhandlungen mit dem Iran den Ölpreis wieder etwas fallen lassen. Anleger hoffen dabei auf den künftigen Wegfall von Sanktionen und damit auf mehr verfügbares Öl auf dem Weltmarkt.

Wechselkurs beeinflusst Spritpreise

Die Preise für ein Barrel Rohöl der verschiedensten Marken werden auf dem Weltmarkt in US-Dollar gehandelt. Daher ist auch der Wechselkurs zwischen Euro und US-Dollar für den Ölpreis maßgebend. Raffinerien und Händler zahlen entsprechend mehr oder weniger für Öl, je nachdem wie sich der Wechselkurs darstellt. 

Nachdem der Euro im Juli 2022 erstmals seit zwanzig Jahren wieder unter einen Dollar gefallen ist, müssen Europäer mehr für das Öl bezahlen. So beeinflusst allein der Wechselkurs auch den Preis für Benzin und Diesel an der Tankstelle.

So setzt sich der Spritpreis in Deutschland zusammen: Produktbeschaffung & Deckungsbeitrag

Doch an der Tanksäule kommt Benzin und Diesel aus dem Zapfhahn und kein Rohöl. Deshalb kommen noch weitere Kostenfaktoren hinzu.

  • Produktbeschaffungskosten: Der Preis für Rohöl schlägt sich beim Spritpreis in den Produktbeschaffungskosten nieder. Im Februar 2022 waren das bei einem Liter Superbenzin laut Wirtschaftsverband Fuels & Energie 59,35 Cent, für Dieselkraftstoff 61,77 Cent.
  • Der Deckungsbeitrag beinhaltet Kosten für Transport, Lagerhaltung, gesetzliche Bevorratung, Verwaltung, Vertrieb, Beimischung von Biokomponenten und CO2-Aufschlag. Im Februar lag dieser bei 18,26 Cent pro Liter Superbenzin, im Januar noch bei 19,25 Cent.

In den Produktionskosten und Deckungsbeitrag verbergen sich natürlich auch die Gewinne der einzelnen Unternehmen auf der Produktionskette. Darunter vor allem die der Raffinerien. Diese würden nach den zwei schweren Corona-Jahren jetzt wieder mehr Geld verdienen, sagte ein Sprecher des Mineralölverbands der taz. Tankstellen bekommen dagegen oft eine feste Provision für den verkauften Kraftstoff.

Anteil der Energiesteuer bzw. Mineralölsteuer am Spritpreis

Neben Herstellung, Transport, Lagerung setzt sich der Spritpreis an der Tankstelle natürlich auch aus verschiedenen Steuern zusammen.

  • Die Energiesteuer macht einen großen Anteil an den Spritpreisen aus. Sie beträgt nach dem Tankrabatt wieder 65,45 Cent pro Liter Superbenzin und 47,04 Cent für den Liter Dieselkraftstoff (Mineralölsteuer). Über die Energiesteuer bekommt der Staat jährlich 38 Milliarden Euro. Verschiedene Steuervergünstigungen sollen dabei umweltfreundliche Energiearten und Verkehrsmittel fördern.
  • Mehrwertsteuer: Während die Energiesteuer und der CO2-Preis festgelegte Werte sind, ist die Mehrwertsteuer ein relativer Betrag. Je höher die Kosten des Produkts, desto höher die Mehrwertsteuer. Bei einem Liter Superbenzin zahlten Sie mit 19 Prozent Mehrwertsteuer im Februar 2022 28,55 Cent an den Staat.
  • CO2-Zertifikate-Handel: Um den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 zu verringern, wurde der CO2-Zertifikate-Handel eingeführt. Die Kosten, die dafür bei einem Liter Superbenzin an die Verbraucher weitergegeben werden, lagen im Februar bei 7,20 Cent.

Der Anteil der Steuern ist allerdings fix. Preisschwankungen an der Zapfsäule haben demnach nichts mit den Abgaben an den Staat zu tun. Vielmehr sind es die variablen Anteile wie Ölpreis, Euro/Dollar-Wechselkurs, Kosten und Gewinnmargen der Raffinerien, Mineralölunternehmen und Tankstellen.

War Benzin wirklich noch nie teurer?

Ein Blick auf die Benzin- und Dieselpreisentwicklung zeigt über die Jahre hinweg einen Aufwärtstrend. Doch können absolute Zahlen trügen. Schließlich steigen die Preise in allen Bereichen über die Jahre durch die Inflation und dies tun auch die Nettolöhne, wenn auch nicht immer im gleichen Maßstab. Setzt man also die Benzinpreise ins Verhältnis mit den Nettolöhnen, zeigt sich, dass Sie trotz hoher Spritpreise an der Zapfsäule noch nicht so viel ausgeben wie im Jahr 2012.

2020 mussten Autofahrer sogar ähnlich wenig ausgeben wie in den 1990er-Jahren. „Erst bei einem Preis von 2,40 pro Liter Benzin hätten wir das Niveau von 2012 erreicht“, schreibt Verkehrsexperte Gernot Sieg von der Westfälische Wilhelms-Universität Münster in einer Studie.

Sprechen die Mineralöl-Konzerne die Spritpreise ab?

Inzwischen hat sich das Bundeskartellamt eingeschaltet. „Wenn die Rohölpreise jetzt wieder sinken und die Tankstellenpreise dem nicht folgen oder sogar weiter steigen sollten, muss man sich das genau ansehen“, sagte der Präsident der Aufsichtsbehörde, Andreas Mundt, am Mittwoch in Bonn.

„Es darf nicht sein, dass Unternehmen aus der jetzigen Situation unangemessene Gewinne schlagen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und schlug daher vor, dem Bundeskartellamt eine bessere Marktüberwachung bei den Kraftstoffen zu ermöglichen.

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