Pickups, PS und große Pläne am Pazifik

Der Diesel-Skandal kommt den Volkswagen-Konzern in den USA gleich doppelt teuer. In den Vereinigten Staaten zeichnet sich ein neuer Auto-Boom ab. Das zeigt die Auto Show in Los Angeles. VW fällt bei der großen Auto-Party die Rolle von Aschenputtel zu. Und ein Prinz ist nicht in Sicht.

 Mercedes stellt bei der Auto Show in Los Angeles, die an diesem Sonntag endet, unter anderem seinen überarbeiteten Roadster SL vor. Foto: Mercedes

Mercedes stellt bei der Auto Show in Los Angeles, die an diesem Sonntag endet, unter anderem seinen überarbeiteten Roadster SL vor. Foto: Mercedes

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 Das Ford-Modell F-150 ist in den Vereinigten Staaten noch immer das Maß der Dinge. Foto: Ford

Das Ford-Modell F-150 ist in den Vereinigten Staaten noch immer das Maß der Dinge. Foto: Ford

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 James Bonds Kollegin Naomi Harris machte in Santa Monica Werbung fürs neue Range Rover Evoque Cabriolet. Foto: Range Rover

James Bonds Kollegin Naomi Harris machte in Santa Monica Werbung fürs neue Range Rover Evoque Cabriolet. Foto: Range Rover

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 Das Modell Giulia vermarktet Alfa Romeo auf dem US-Markt als regelrechte Sportskanone. Foto: Alfa Romeo

Das Modell Giulia vermarktet Alfa Romeo auf dem US-Markt als regelrechte Sportskanone. Foto: Alfa Romeo

Foto: Alfa Romeo

Los Angeles. Im Autoland USA stehen die Zeichen wieder auf Wachstum. Der Sprit ist ab knapp 70 Cent pro Liter spottbillig, die Arbeitslosenquote niedrig, ein Auto-Kredit günstig. Der Jahrgang 2015 könnte den Absatzrekord des Jahres 2000 brechen, wo 17,3 Millionen Autos verkauft wurden. Eigentlich gute Vorzeichen für alle Hersteller bei der Los Angeles Auto Show - außer Volkswagen.

"Nie gab es einen besseren Zeitpunkt als jetzt, um günstig an einen Volkswagen zu kommen.” Die Werbung in unzähligen Radiostationen im Raum Los Angeles verrät: Der gebeutelte deutsche Volkswagen-Konzern geht offensiv mit der Misere um, in die ihn seine Manipulationen bei Diesel-Motoren gebracht haben.

Der US-Chef von Volkswagen Michael Horn verspricht bei seiner Pressekonferenz auf der Auto Show, die an diesem Sonntag endet, Wiedergutmachung für Kunden, preist kostenlose Probefahrten rund um das Messegelände mit einem Golf E an und verkündet schier Unglaubliches: Der Absatz des VW Golf GTI habe im Oktober in den USA um rund 20 Prozent zugelegt. Jedoch: Der ungewohnt schlichte Messestand der Wolfsburger lockt ungewohnt wenige Besucher an. Die Krise ist greifbar.

Nicht so bei den Pickups: Das vielleicht ur-amerikanischste Fahrzeug überhaupt, diese bei uns kaum verbreitete Mischung aus Pkw und Nutzfahrzeug, führt souverän die Hitlisten der US-Zulassungen an: Ford F-150 vor Chevrolet Silverado und Dodge RAM. Erst auf Rang vier folgt mit dem Toyota Camry der erste Nicht-Pick-up.

Bezeichnend: Bestes deutsches Automodell in den USA ist auf Platz 39 der VW Jetta mit einem aktuellen Minus von fast 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Längst hat der Abgasskandal in USA das geflügelte Wort "Dieselgate” kreiert - in Anlehnung an den Watergate-Skandal der 1970er Jahre. In diesem Klima gilt es erst mal als unwahrscheinlich, dass sich die absteigende Zulassungs-Tendenz bald ändert.

Während deutsche Hersteller um ihr Renommee kämpfen und Amerikaner um die wieder kaufwillige Kundschaft, hauen die Italiener in Los Angeles so richtig auf die Pauke: Fiat enthüllt mit großem Getöse seinen neuen 124 Spider. Zwar ist bekannt, dass die südeuropäisch gestylte Schale nur den japanischen Kern des neuen Mazda MX-5 verdeckt. Dennoch zielt der Italo-Roadster vor allem auf die USA. Schließlich gingen zwischen 1966 und 1985 von weltweit 200 000 Ur-Spidern satte 170 000 in die Vereinigen Staaten. Diesen Erfolg will der Fiat-Chrysler-Konzern gern wiederholen, und so präsentiert Markenchef Olivier Francois in Los Angeles mit stolzgeschwellter Brust das erschwingliche Spaßmobil.

Konzern-Kollege und Alfa Romeos US-Boss Reid Bigland setzt seine Marke, sich und den Alfa Romeo Giulia so richtig in Szene beim Wiedereintritt der Italiener in den großen US-Markt: Unter anderem verkündet er mit 7:39 Minuten eine regelrechte Fabelzeit der schnittigen viertürigen Italo-Limousine auf der Nürburgring-Nordschleife und verteilt dabei auch gleich Seitenhiebe an deutsche Konkurrenten wie BMW M4 wegen ihres schlechteren Leistungsgewichts.

Ideales Pflaster ist der autoverrückte Bundesstaat Kalifornien auch für zwei neue Luxusmodelle von Mercedes: Den Luxury-Large-SUV GLS und die Roadster-Ikone SL. Zwar handelt es sich in beiden Fällen nur um Facelifts eingeführter Modelle, doch ist der von Sonnenschein und Reichtum verwöhnte US-Staat Hauptmarkt für beide Modelle - mit satten 585 und 630 PS in der jeweiligen AMG-Version.

Auch ist es keine Überraschung, dass das neue Mini Cabrio auf der L.A. Auto Show Premiere feiern darf. Und dass Santa Monica der ideale Ort am nahe gelegenen Pazifik ist, um das Range Rover Evoque Cabriolet feierlich vorzustellen als eine von rund 30 Weltpremieren der L. A. Auto Show dieses Jahres. Keine weniger hübsche und aufregende Frau als James Bonds Spielkameradin Naomi Harris zieht dort zusätzlich die Blicke auf sich - als wäre das brandneue Frischluft-Freizeitfahrzeug nicht schon Hingucker genug.

Der US-Automarkt strebt offenbar alter Stärke entgegen. Das zeigen auch L.A.-Neuheiten wie der riesige neue Pickup GMC Canyon Denali oder der vor Leistung strotzende, 649 PS starke Cadillac CTS-V. Wann auch Volkswagen in absehbarer Zeit wenigstens zur Normalität zurückfindet, ist derzeit noch vollkommen ungewiss. Die 2015er Premiere des VW Beetle Dune für die Auto Show in Los Angeles, eine extrem spaßbetonte und offroadorientierte Version der Wolfsburger Retro-Knutschkugel, kann jedenfalls noch keinerlei Anzeichen dafür vermitteln.

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