Mit weniger Töpfen mehr Spaß

Stuttgart · Der neue Boxster mit der Zusatzzahl 718 hat nur noch vier Zylinder. Das löste einen Aufschrei bei Porschefans aus, doch mit dem neuen Turbo-Triebwerk bleibt der Sportwagen zweifellos begehrenswert.

 Im Vergleich zum Vorgänger verbraucht der neue Porsche Boxster einen Liter weniger Sprit.

Im Vergleich zum Vorgänger verbraucht der neue Porsche Boxster einen Liter weniger Sprit.

Porsche überrascht mit einem Tabubruch nach dem anderen. Erst wurden die Saugmotoren in der Ikone 911 im Hubraum kastriert und dafür mit Turbolader gerüstet. Jetzt erscheint der Boxster modellgepflegt und mit Vierzylindermotor. Vier Zylinder! Wo bleibt da der Dampf? Und wo bleibt der Klang? Die erste Bekanntschaft auf der Straße beruhigt: Der Dampf ist da. Und Sound gibt es auch - anders als bisher, aber gleichwohl reichlich.

Der Roadster mit Boxermotor bildet seit 1996 den Einstieg in die Sportwagenwelt bei Porsche . In der Leistung hält er Respektabstand zum 911, in Auftritt und Fahrspaß besitzt er dennoch ähnliche Strahlkraft. Die Preise liegen auf reichlich halbem Niveau (ab 53 646 Euro) und sind damit auch für jüngere Käufer erreichbar. Jetzt also gibt's den Boxster in neuer Version. Scheinwerfer, Kotflügel und Konturen wurden geschärft. Das Heck mit dem Auspuff nach wie vor in der Mitte ziert jetzt eine schwarze Querleiste mit Porsche-Schriftzug. Keine Frage, die Optik hat gewonnen, vor allem offen.

Das Zündschloss sitzt traditionell links, das Armaturenbrett beherrscht wie bisher der Drehzahlmesser groß in der Mitte. Wer bisher Porsche fuhr, fühlt sich sofort zu Hause.

Unter der Haube hinten kauert jetzt ein Vierzylinder-Boxer. Er gab dem Boxster auch den Namenszusatz 718. Das ist eine Konstruktionsnummer von 1957 für einen im Sport sehr erfolgreichen Vorfahr: 1,6 Liter Hubraum, zwei Fallstromvergaser, vier oben liegende Nockenwellen, 160 PS/118 kW.

Technisch wurde der Vierzylinder von den neuen Sechszylindern im 911 abgeleitet. Zwei Töpfe sind amputiert, was im Basismodell 2,0 Liter Hubraum ergibt, im Boxster S 2,5 Liter. Für Schubkraft sorgen Turbolader, im S sogar mit variabler Geometrie, direkt vom 911 Turbo übernommen. 300 PS/220 kW sind es beim Boxster , 350 PS/257 kW beim S, jeweils 35 PS mehr als bisher. Dazu sorgen die Turbos für üppige Drehmomente: 380 Nm bereits ab 1950 Umdrehungen pro Minute beim Boxster , 420 Nm ab 1900 U/min beim S. Verlangte der Sechszylinder Zurückschalten für vollen Krafteinsatz, so genügt jetzt simples Gasgeben.

Der Ton dabei ist eine Oktave tiefer als beim singenden Sechszylinder . In der Stadt und beim Mitschwimmen auf der Landstraße grummelt der Motor verhalten, mit steigender Drehzahl und Vollgas beginnt er zu brüllen, und mit offener Auspuffklappe noch mehr. Die ausgeklügelte Regelung in "Dynamic Boost" sorgt dafür, dass der Turbo-Druck bei plötzlichem Gaswegnehmen gehalten wird und das Triebwerk beim erneuten Gasgeben ohne Verzögerung anspricht. Kompliment, wenn das Ganze auch geballte Technik erfordert und im Gewicht keine Vorteile bringt. Dafür läuft nach Norm ein Liter weniger durch. 7,4 Liter Super plus beim Boxster und 8,1 Liter beim S sind für Fahrzeuge dieser Leistungsklasse außergewöhnliche - freilich sehr theoretische - Werte. Das Getriebe, sechs Gänge wie bisher, passt zum Charakter: knackig. Aber die Porsche-Doppelkupplungs-Automatik (PDK) macht mit ihren nunmehr sieben Gängen ihren Job so perfekt, dass nichts mehr für Handschaltung spricht. PDK setzt den Konsum um einen halben Liter herab und ist sogar in der Beschleunigung vorn: von 0 auf 100 km/h mit der Traktionshilfe "Launch Control" und 300 PS in 4,7 Sekunden, mit 350 PS in 4,2 Sekunden - 0,8 und 0,6 Sekunden rascher als bisher. Drauftreten ohne die Launch Control, die für Technik wie Umgebung gleichermaßen strapaziös ist, erfordert 0,4 Sekunden mehr.

Die Katalogwerte für Beschleunigung und Spitze (275 und 285 km/h) sind heute selbst bei einem Porsche nicht mehr so wichtig. Freude macht das im Gefühl sehr kompakte Auto in Kurven, wie es zackig einlenkt, schon mit 300 PS mit Macht heraus beschleunigt, wie es dabei kurz aufbrüllt, wie es mit "Dynamic Boost" beim Gaswegnehmen aus dem Auspuff sprotzt. Letzteres wird die Umgebung nicht immer freuen. Aber keine Frage, auf langen Strecken bietet der 911 das ungleich angenehmere Ambiente in Geräusch und Härte.

Der neue Boxster ist der beste bisher, auch mit Vierzylindermotor. Aber er ist auch der teuerste: Bei den Grundpreisen von 53 646 und 66 141 Euro bleibt es so gut wie nie. Fast alles, was Spaß macht, muss in der langen Aufpreisliste extra angekreuzt werden. Doch das 911 Carrera Cabrio (370 PS/272 kW) beginnt mit 109 695 Euro. Und die Liste der begehrenswerten Sonderausstattungen ist bei ihm genau so lang.

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 Das Armaturenbrett beherrscht wie bisher ein großer Drehzahlmesser in der Mitte. Fotos: Porsche

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 Das Heck des Porsche Boxster ziert jetzt eine schwarze Querleiste mit Porsche-Schriftzug.

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Ausführung:RoadsterPreis:53 646 EuroLänge:4,38 MeterBreite:1,80 MeterHöhe:1,28 MeterRadstand:2,48 MeterLeergewicht:1335 KilogrammZuladung:320 KilogrammGepäckraum:150 Liter vorn, 125 Liter hintenMotor:4-Zylinder-BoxerHubraum:1988 ccmLeistung:300 PS/220 kWDrehmoment:380 Nm von 1950 bis 4500 U/minAbgasnorm:Euro 6CO{-2}-Ausstoß:168 g/kmSpitze:275 km/h0 auf 100 km/h:5,1 SekundenNormverbrauch:7,4 Liter Super plus

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