„Man muss nicht alles ausprobieren“

Robert Lesnik leitet bei Mercedes-Benz das Exterieur-Design. Über die Karosserieformen aktueller Modelle und die Trends der Zukunft sprach mit ihm unsere Mitarbeiterin Gundel Jacobi.

 Die Studie IAA (Intelligent Aerodynamic Automobile) zeigt, wie das zukünftige Design von Mercedes aussehen könnte. Fotos: Mercedes-Benz

Die Studie IAA (Intelligent Aerodynamic Automobile) zeigt, wie das zukünftige Design von Mercedes aussehen könnte. Fotos: Mercedes-Benz

 Robert Lesnik

Robert Lesnik

 Die Flanke des Mercedes CLC Coupé (links) weist eine langgezogene, waagerechte Linie auf, die den Wagen optisch streckt. Der CLA (rechts) hingegen hat eine stark nach hinten abfallende Seitenlinie.

Die Flanke des Mercedes CLC Coupé (links) weist eine langgezogene, waagerechte Linie auf, die den Wagen optisch streckt. Der CLA (rechts) hingegen hat eine stark nach hinten abfallende Seitenlinie.

Herr Lesnik, das gerade neu vorgestellte GLC Coupé zeugt von einer immer größeren Variantenvielfalt. Welche gestalterischen Kniffe unterscheiden es vom größeren GLE Coupé?

Robert Lesnik: Bei beiden Modellen handelt es sich um Crossover-Konzepte. Sie verbinden die Coupé-Form mit einer gewissen Funktionalität. Es ist eine Kombination aus Emotion und Intelligenz. Das GLE Coupé ist sehr groß und hat auch die größten Räder aller aktuellen Mercedes-Modelle. Der GLC ist kleiner, in Sachen Ausprägung, Form und Charakter aber bewusst ähnlich. Wegen ihrer Größe, des unterschiedlichen Preisniveaus und auch der verschiedenen Innenraumgestaltung werden beide Autos verschiedene Kundengruppen ansprechen.

Auch die E-Klasse weist nun das aktuelle Design auf. Wann und mit welchem Modell wird eine neue Design-Generation eingeläutet? Wird diese eher evolutionär oder revolutionär sein?

Lesnik: Wir entwickeln unser Design ständig weiter. Sichtbar wird das beispielsweise am Verlauf der seitlichen Linie. Sie verläuft bei der neuen E-Klasse nahezu waagrecht. Wir nennen dies Catwalk-Line, eine langgezogene Linie, die auf der Seite weit oben liegt und den Wagenkörper streckt. Auch beim GLC ist die Seitenlinie deutlich dezenter ausgeführt als die bisherige Dropping-Line, die nach hinten abfallende Seitenlinie, die man beispielsweise vom CLA kennt. Die Studien F015 und Concept IAA verraten, dass wir uns in Zukunft noch mehr auf die Skulptur und die Gesamtform konzentrieren werden.

Wird der CLS-Nachfolger seine Eigenständigkeit behalten? Wodurch wird er sich von den anderen Baureihen abheben?

Lesnik: Ich finde es wichtig, dass man ein neues Design zuerst bei den großen Modellen einführt. Der CLS als wichtige Ikone wird sich also beispielsweise nicht am CLA orientieren. Das Auto darf etwas Neues, etwas ganz Anderes wagen.

Bleibt optisch zwischen den Coupés von C- und S-Klasse noch ohne Verwechslungsgefahr Platz für eine Coupé-Version der E-Klasse?

Lesnik: In der jüngeren Vergangenheit war die Designsprache bei Mercedes sehr uneinheitlich. Damals war die Frage, warum die Autos so unterschiedlich sind. Heute folgen alle rund 40 Modelle einer einheitlichen Designphilosophie. Die drei Limousinen C-Klasse, E-Klasse und S-Klasse kann man auf den ersten Blick als Mercedes-Limousinen erkennen. Die Nähe beim Design ist gewollt. In den 80er Jahren waren die Limousinen sich sogar noch ähnlicher, und es gab keine Absatzschwierigkeiten. Bei Limousinen wie Coupés versuchen wir, ein eindeutig erkennbares Marken-Design zu verwirklichen.

Der Mercedes-Stern ist auf dem europäischen Markt die letzte verbliebene Kühlerfigur bei Großserienfahrzeugen. Hat das auf der Haube stehende Markenzeichen noch eine Zukunft?

Lesnik: Natürlich! Ich mag es sehr, wenn ich beim Fahren den Stern auf der Haube sehe. Jeder Kunde kann frei entscheiden, ob er dies haben möchte oder nicht. Wir sind die einzige Marke, die zwei eigenständige Grill-Designs hat, die auf den ersten Blick erkennbar sind. Momentan bestellen weniger Kunden den auf der Motorhaube freistehenden Stern, aber wir werden diese Möglichkeit definitiv weiterhin anbieten.

Der robuste Geländewagen G-Klasse, der seit 1979 produziert wird, hat bisher alle Trends unverändert überstanden. Wann ist eine Überarbeitung fällig?

Lesnik: Eine G-Klasse hat nichts mit der aktuellen Designlinie zu tun. Und das ist gut so. Nach dem Produktionsende des Land Rover Defender sind wir neben Lada die Einzigen, die noch ein solch ursprüngliches Design anbieten. Dass dieses Auto etwas schmaler ist, als man es heute gewohnt ist, stört die Käufer nicht. Ich hoffe, dass es die G-Klasse noch lange in der aktuellen Form gibt. Daher wird sie von uns ständig an die aktuellen gesetzlichen Anforderungen angepasst.

Sie bieten bereits von zwei SUVs Versionen mit Fließheck an. Wie stehen Sie als Designer zu einem Coupé der G-Klasse?

Lesnik: Es gibt Menschen, die sagen, Coupés müssten zwei Türen haben. Die G-Klasse gab es ja lange als Zweitürer, sogar mit einem Cabrio-Verdeck. Aber ich glaube, man muss nicht alles ausprobieren.

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