Im Reisemobil entspannt auch durch den Stadtverkehr
Stuttgart · Mercedes-Benz hat sein kompaktes Reisemobil Marco Polo neu aufgelegt. Es setzt mit seiner Ausstattung und Verarbeitung in seiner Klasse neue Standards. Das allerdings lässt sich der Hersteller auch gut bezahlen.
Der Markt für Reisemobile hat Potenzial. Die Zinsen sind niedrig, Immobilien zu teuer, da geben in Deutschland viele Menschen ihr Geld zunehmend für ein Reisemobil aus. Grund genug für Mercedes-Benz, in der Klasse der ausgebauten Kastenwagen Gas zu geben. Auf Basis der im vorigen Jahr erneuerten V-Klasse ist die jüngste Generation des Marco Polo entstanden, der sich den Namen des venezianischen Chinareisenden borgt. Das Kompaktmobil ist 5,14 Meter lang und 1,93 Meter breit, ausgestattet mit einem Hubdach. Die Höhe von zwei Metern überschreitet der wohnliche Reisebegleiter nicht. Dadurch gewinnt er an Alltagsnutzen und passt in übliche Parkhäuser. 54 835 Euro kostet die Basisversion des Reisemobils mit 2,1-Liter-Dieselmotor, der 136 PS/100 kW leistet.
Um es vorweg zu nehmen: Für den großen Urlaub über mehrere Wochen hinweg taugt der Marco Polo nur, wenn sich seine Nutzer den Campingplätzen zuwenden. An Bord gibt es weder eine Toilette, geschweige denn eine Nasszelle. Das Wohnzimmer beginnt jenseits der Eingangstür, die sich auf Wunsch elektrisch öffnet und schließt. Im Innenraum wird viel Komfort, aber wenig Platz geboten. Es reicht gerade für eine Küchenzeile mit leistungsstarker 40-Liter-Kühlbox, 40-Liter-Tank für Frischwasser, glänzender Edelstahlspüle und Zweiflammen-Gaskocher. Vier Schlafplätze - zwei oben und zwei unten für eher schlanke Camper - sind an Bord. Kleiderschrank, Einhängetisch und die beiden drehbaren Sitze für Fahrer und Beifahrer komplettieren die Ausstattung.
Das alles ist fein verarbeitet und hochwertig ausgeführt. An Klavierlack und Chrom wurde nicht gespart. Der Wohnraum besteht Vergleiche mit Unterkünften im Designhotel. Er ist nur eben ein gutes Stück knapper geschnitten.
Der Marco Polo überzeugt auf langer Strecke ebenso wie im Stadtverkehr . Handlich, übersichtlich und mit den kräftigeren Motoren ebenso spurtstark wie agil legt er die Messlatte für den Konkurrenten aus Hannover, den VW California, weit oben auf. Besonders die Lenkung des Mercedes erntet Beifall, auch die Federung macht einen tadellosen Eindruck. Der serienmäßige Seitenwind-Assistent sorgt für sichere Autobahnfahrten und wirkt sogar den aerodynamischen Bugwellen der Lastwagen entgegen, die ein Reisemobilfahrer beim Überholen der Brummis fürchtet.
Der Variantenreichtum des Mercedes-Mobils beeindruckt. Für 38 960 Euro gibt es die Version Activity, die ohne Küche und Kleiderschrank, aber mit Hubdach und Schlafbank im Fond daherkommt. Hier sorgen zwei Basisdiesel mit 88 PS/65 kW und 115 PS/84 kW in Verbindung mit einem Sechsgangschaltgetriebe und angetriebenen Vorderrädern fürs Vorankommen. In drei Leistungsstufen ist eine 2,1-Liter-Maschine erhältlich. Nur mit ihr wird die Wohnmobilversion angeboten. Sie liefert 136 PS/100 kW, 163 PS/120 kW und 190 PS/140 kW und kann mit Hinterrad- oder Allradantrieb kombiniert werden. Die Normverbrauchswerte liegen zwischen 6,0 und 6,7 Litern Diesel. Die kräftigeren Versionen bekommen ein siebenstufiges Automatikgetriebe, bei den Allradvarianten ist es Standard.
So umfangreich das optionale Angebot von Extras und Ausstattungen ist, so schmerzlich klettert der Kaufpreis. Die elektrisch öffnende Heckklappe kostet 700 Euro mehr, die Assistentenschar (LED-Licht, Spurüberwachung, Kollisionsvermeidung und aktive Einparkhilfe) und das Infotainmentsystem Command verteuern den Marco Polo um mehr als 10 000 Euro. Bei dieser Preisgestaltung hätte die Klappe über der an sich cleveren Serviceöffnung für Stromanschluss und Trinkwasser-Einfüllstutzen durchaus etwas hochwertiger gestaltet werden können.
