Automobil Zwei Hinterteile stehen zur Auswahl

Offenbach · Der Honda Civic ist der Kompaktklasse entwachsen. In Deutschland wird er in zwei Karosserieformen angeboten, die sich auch im Innenraum unterscheiden. Soll es also das Steilheck oder die Limousine sein?

 Honda hat der Limousinen-Version des Civic ein fließendes Heck spendiert. Es gibt nur eine kleine Kofferraumklappe, was nur eine bescheidene Ladeöffnung ermöglicht. Die Civic-Limousine ist etwas größer als die Steilheck-Ausführung.

Honda hat der Limousinen-Version des Civic ein fließendes Heck spendiert. Es gibt nur eine kleine Kofferraumklappe, was nur eine bescheidene Ladeöffnung ermöglicht. Die Civic-Limousine ist etwas größer als die Steilheck-Ausführung.

Foto: Honda

Im Rahmen der etwas undurchsichtigen Honda-Modellpolitik wurde 2015 nach fast 40 Jahren der Mittelklasse-Accord vom deutschen Markt genommen. Die zehnte Generation des seit 1972 verfügbaren Civic rückte vorletztes Jahr ein Stück weit in diese Lücke nach. Das einstige Kompaktmodell misst als Steilheck nunmehr in der Länge 4,52 Meter, die Fließhecklimousine noch 13 Zentimeter mehr. Die Preise beginnen bei 19 990 Euro. Mit bisher über 19 Millionen verkauften Exemplaren steht der Honda Civic auf Platz sechs der meistgebauten Autos weltweit.

Äußerlichkeiten: Wir werfen zunächst einen Blick auf das Heck der Limousine, das sich fließend nach hinten streckt, um dort mit zwei mächtigen Rückleuchten auf sich aufmerksam zu machen. Eine große Klappe, wie sie etwa der BMW 3er GT hat, wäre praktisch. Aber dieses Auto ist offensichtlich für Länder gebaut, in denen ein abgetrennter Kofferraum als etwas Besseres gilt, etwa in der Türkei und den USA.

Wer mitunter größere Gegenstände in seinem Auto transportieren möchte, muss zwangsläufig das Steilheckmodell nehmen. Im Gegensatz zu den Vorgängern haben sich die Honda-Designer hier von der seltsamen Mischform aus Heckspoiler und durchgehendem Leuchtband wieder verabschiedet. Allerdings teilt eine Leiste weiterhin die Heckscheibe und beeinträchtigt die Sicht nach hinten.

Irgendwie müssen sie im Designstudio vorn und hinten verwechselt haben, denn die beiden großen schwarzen Flächen rechts und links am unteren Heck wirken wie Kühlöffnungen, haben aber keinerlei Funktion. Auch vorn sind sie nur geschlossene Ziergitter, die lediglich ein Loch für die Hupe offen lassen.

Innenräume: Über die Gestaltung des Innenraums in Anthrazit und Silber gibt es nichts Besonderes zu sagen. Oder doch, der Motor wird noch wie einst durch die Drehung des Zündschlüssels angeworfen und nicht mit einem in Mode gekommenen Druckknopf. Die Pedale scheinen gelocht. Soll das an die Zeiten erinnern, als sich Honda in der Formel 1 versuchte? Bei näherem Hinsehen sind die Löcher jedoch mit Gumminoppen gefüllt – der Rutschfestigkeit wegen.

Man sitzt vorn sehr tief, was der Fahrer durch Höhenverstellung ausgleichen kann, der Beifahrer nicht. Namentlich beim Aussteigen erfordert das ungewohnte Überlegungen und Kräfte.

Über geradezu repräsentative Beinfreiheit dürfen sich die drei Hinterbänkler freuen und dabei trotz des schnittig abfallenden Dachs auch in der Limousine durchaus groß gewachsen sein. Man entdeckt selbst als abgeklärte Autotesterin noch nach Jahrzehnten immer wieder Merkwürdiges: Während im Viertürer die Köpfe aller Passagiere in Reihe drei durch Kopfstützen geschützt werden, hält man im Steilheck auf dem Mittelplatz nur einen Stützenstummel bereit.

Was die Kofferräume betrifft, so gibt es hier wie dort Vor- und Nachteile. Die kurze Klappe der Limousine gibt nur eine 40 Zentimeter hohe Ladeöffnung frei. Dafür passt mehr als ein halber Kubikmeter rein, und es entsteht ein ebener Boden, wenn man die hinteren Lehnen nach vorn kippt.

Hinter der großen Klappe des Steilhecks ist nur Platz für 420 Liter. Das Auto ist ja auch kürzer, und eine angeschrägte Stufe unterbricht die Ebene. Zum Ausgleich muss alles nur 68 Zentimeter hochgewuchtet werden, vier Zentimeter weniger als bei der Limousine. Man wird das Gefühl nicht los, hier hätten zwei völlig verschiedene Entwicklungsteams mehr gegen- als miteinander gearbeitet.

Fahreindrücke: Der 1,5-Liter-Vierzylinder-Motor in der Limousine erledigt seine Aufgabe sehr zurückhaltend. 182 PS/134 kW bieten aber genügend Reserven für flotte Beschleunigungen. Auf der Autobahn bleibt er angenehm leise, auch die Windgeräusche halten sich in Grenzen. Ein Lob verdienen Abstandstempomat und Lenkassistent, die beide präzise arbeiten und sich nur durch extreme Baustellen-Markierungen aus der Ruhe bringen lassen.

 Der Honda Civic mit steilem Heck wirkt kraftvoller und sportlicher als die Limousinen-Ausführung. Die Heckklappe schwingt weit nach oben. Etwas irritierend wirken die beiden Kühlöffnungen-Attrappen.

Der Honda Civic mit steilem Heck wirkt kraftvoller und sportlicher als die Limousinen-Ausführung. Die Heckklappe schwingt weit nach oben. Etwas irritierend wirken die beiden Kühlöffnungen-Attrappen.

Foto: Honda
 Honda setzt im modern und übersichtlich gestalteten Cockpit des Civic digitale Instrumente ein. Die Mittelkonsole ist mit schwarzem Lack veredelt.

Honda setzt im modern und übersichtlich gestalteten Cockpit des Civic digitale Instrumente ein. Die Mittelkonsole ist mit schwarzem Lack veredelt.

Foto: Honda

Im Steilheck arbeitet ein 1,0-Liter-Turbo-Dreizylinder mit 129 PS/95 kW. Im Gegensatz zu vielen anderen Triebwerken dieser Bauart schnattert er nicht. Die Honda-Motorenentwickler haben ihm eine sonore, vertrauenerweckend klingende Geräuschkulisse mitgegeben, die sogar im höheren Drehzahlbereich nicht anschwillt. Die ausgeprägte Segelfunktion, bei der der Motor im Schubbetrieb vom Getriebe abgekoppelt wird, lässt diesen Civic oft wirtschaftlich dahinrollen, wobei man im Gegenzug auf die Wirkung der Motorbremse verzichten muss.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort