Hochmoderne Technik im historischen Design
Cernobbio · Mit der spektakulären „R 5 Hommage“ erinnert BMW an eines seiner legendärsten Motorräder von 1936. Und besser noch: BMW zieht eine Serienfertigung des Cruisers mit Kompressor-Motor durchaus in Erwägung.
Fahrspaß, gute Laune, Adrenalinausstoß in überschaubaren Dosen. Ein Motorrad , das klassischer kaum sein könnte. Dunkler Lack mit handgezogenen weißen Zierstreifen, tiefe Sitzposition im breiten Sattel über einer augenscheinlich ungefederten Hinterachse, dicke Ballonreifen, außen an den Lenkerenden angeschlagene Kupplungs- und Bremshebel und vieles mehr.
Wer die BMW R 5 Hommage sieht, denkt an einen liebevoll restaurierten Klassiker, kaum an ein nagelneues Concept Bike aus der Schmiede von BMW-Motorrad. Doch die Studie durfte beim diesjährigen Concorso d'Eleganza am Comer See, einem Schönheitswettbewerb für historische Fahrzeuge und einer Bühne für Zukunftsstudien, Weltpremiere feiern. Denn BMW feiert 100. Geburtstag, der historische Urahn R 5 ist 80 Jahre alt, und wohl schon bald wird es eine käufliche Version auf Basis des zukunftsweisenden Klassikers geben.
Nach dem sehr erfolgreichen Retro-Roadster R nineT - mittlerweile die zweitbeliebteste BMW - und dessen Offroad-Ableger R nineT Scrambler wäre dies der dritte Streich in BMWs neuer "Heritage"-Modellreihe (heritage = Erbe). Hier bringen die Zweirad-Ingenieure klassisch anmutende Bikes mit hochmoderner Technik in Einklang. Chefdesigner Edgar Heinrich beschreibt die R 5 Hommage und ihr historisches Vorbild mit einer Mischung aus Stolz und Begeisterung: "Die R 5 war 1936 zur ihrem Debüt nicht nur technisch eine Meisterleistung, sie hob sich vor allem durch die Klarheit ihrer Linien und die Eleganz ihrer Proportionen deutlich von der Masse ab. All dies haben wir mit der R 5 Hommage neu interpretiert."
Alles musste sehr schnell gehen. Seit dem Verlangen der BMW-Führung nach einer Motorrad-Studie für den Concorso d'Eleganza sind nur gut fünf Monate vergangen, deshalb begann die Arbeit an der neuzeitlichen Hommage zum BMW-Klassiker R 5 erst kurz vor Weihnachten. "Dafür ein original Motorrad zu schlachten, wäre undenkbar gewesen", sagt Edgar Heinrich. Deshalb habe man den Rahmen fürs Concept Bike komplett neu erstellt und einen alten 24-PS-Boxermotor eingepflanzt. Der historische Originalmotor mit 500 ccm ist das Herzstück der R 5 Hommage. Dank Kompressoraufladung hat das Triebwerk deutlich an Leistung zugelegt. Edgar Heinrich verrät: "Wir hatten den Boxer noch nicht auf dem Prüfstand, aber so um die 40 PS müssten es dank Kompressoraufladung schon sein."
Treffend bezeichnet den Stil der brandneuen R 5 Hommage auch Ola Stenegard, der kreative Kopf hinter den nostalgischen "Heritage"-Motorrädern von BMW : "Das Bike ist eine respektvolle Kombination aus Old School und Hightech." Auffallende Details an der Konzeptstudie: Der nostalgisch gestaltete Einzelsattel tief über dem Rahmen, die dicken Reifen im Bobber-Stil, die klassisch gestaltete Vorderradgabel und die aus dem Vollen gefräste Brustplatte des historischen Boxermotors. Dafür waren die schwedischen Maßschneider Ronny und Benny Noren zuständig, der schicke und lautstarke Auspuff stammt vom kalifornischen Star-Designer Roland Sands. Doch der Weg zu einem serienreifen Motorrad ist für die derzeitige Studie noch weit. Bisher waren keine Abgas- und Geräuschvorschriften zu erfüllen, noch fehlen eine Airbox und weitere Teile, die später den jetzigen puristischen Stil stören könnten.
Doch trotz aller Hindernisse auf dem Weg zu einem künftig käuflichen Motorrad im Stile der R 5 Hommage gibt eine Aussage von BMW-Motorrad-Chef Stephan Schaller Grund zur Vorfreude: "Wir haben schon mehrere Male hier beim Concorso d'Eleganza Konzeptstudien präsentiert, die nicht ohne Folgen geblieben sind." Jüngstes Beispiel: Der letztjährige Sechszylinder-Cruiser "101 Concept" soll laut Insidern Anfang 2017 in Serie kommen. Einem Neo-Klassiker im Stile der BMW R 5 Hommage steht offenbar gar nicht so viel im Wege.
