GTI-Kultspektakel am Wörthersee

Reifnitz · Zum 34. GTI-Treffen am Wörthersee strömten 200 000 Fans aus ganz Europa in die Gemeinde Reifnitz, die 550 Einwohner zählt. Ein paar Tage lang war im Lärm der Motoren und Musikanlagen an Nachtruhe nicht mehr zu denken.

 VW präsentierte beim GTI-Treffen am Wörthersee den Golf GTE Sport. Der Plug-in-Hybrid-Renner bietet 400 PS und 280 km/h Spitze. Foto: VW

VW präsentierte beim GTI-Treffen am Wörthersee den Golf GTE Sport. Der Plug-in-Hybrid-Renner bietet 400 PS und 280 km/h Spitze. Foto: VW

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 Der Engländer Stuart M. vor seinem Golf GTI. Foto: gj

Der Engländer Stuart M. vor seinem Golf GTI. Foto: gj

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Der harmlose Wahnsinn greift um sich: Es sind längst nicht mehr nur Golf-GTI-Fans, die sich alljährlich am Wörthersee zum Spiel der PS-Muskeln treffen. Leistungsstarke Modelle von Audi , Seat und Skoda brummen mit hochgezüchteten Volkswagen um die Wette, wenn im beschaulichen Kärntner Dorf Reifnitz wieder wie jedes Jahr die Filz-Spitzhüte mit der Aufschrift "Gib Gummi!" verkauft werden.

Rasen kann an diesen Tagen allerdings niemand, denn die Fahrzeuge sind Stoßstange an Stoßstange aufgereiht oder flanieren im Schneckentempo durch den Ort. Um die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich zu ziehen, lassen einige Fahrzeug-Besitzer absichtlich herbeigeführte Fehlzündungen ertönen.

Solche Methoden sind für einen Bentley Continental, der sich wie selbstverständlich unter die Feiergemeinde gemischt hat, nicht erforderlich. Abwechselnd ziehen das Luxus-Gefährt und seine kunstvoll tätowierten Insassen die staunenden Blicke der Zuschauer auf sich.

Seit das GTI-Treffen offiziell unter den Fittichen des Volkswagen-Konzerns steht, hat es sich zur bemerkenswerten Open-Air-Leistungsschau entwickelt. Der Engländer Stuart M. ist mit seinem Golf GTI aus dem 1800 Kilometer entfernten Derby angereist. Über alle Jahre hinweg hat er stets Volkswagen gefahren, vom Beetle bis zum Bulli. "Wenn ich mir hier die Renner von Audi und Seat anschaue, könnte ich schon mal schwach werden."

So erging es dem Schweizer Ruedi B., der gemütlich auf dem Klappstuhl vor seinem schwarzen Audi S3 sitzt. Zum siebten Mal genießt er eine Woche lang die Atmosphäre zwischen charmantem Chaos und kontrolliertem Kommerz. An Nachtruhe in seiner Pension sei nicht zu denken, das Partyvolk werde konsequent seinem Ruf gerecht, lautstark durchzufeiern. Deshalb zieht er sich weit nach Mitternacht in ein Zelt zurück, das er ein paar Hundert Meter vom Dorf entfernt aufgeschlagen hat.

An die 200 000 Besucher hat Reifnitz zu verkraften. Die Gastronomie der Region ist glücklich. Bereits eine Woche vor dem Hauptereignis sind die GTI-Fans vor Ort. Auf den Urlaub am Wörthersee wollen sie keinesfalls verzichten. Fachsimpeleien über tiefgelegte Fahrwerke, kühn ausgestellte Radkästen und hochglanzpolierte Karosserien sind dabei an der Tagesordnung. Wenn um Himmelfahrt herum auch noch die Neuheiten aus dem VW-Konzern aufwendig in Szene gesetzt werden, fühlen sich die Liebhaber schneller Boliden schon geschmeichelt. Der 265 PS/195 kW starke Golf GTI Clubsport wird ab 2016 in den Schauräumen der Händler auftauchen, unverwechselbar mit neu gezeichneter Bugpartie und Seitenschwellern sowie rennsportverdächtigem Heckspoiler. Audi betört mit der Technikstudie TT Clubsport Turbo. Dank eines elektrischen Verdichters ist der Renner mit 600 PS/441 kW schon zweieinhalb Sekunden nach dem Start sechs Meter weiter als sein Serien-Verwandter gefahren.

Seat präsentiert den 280 PS/206 kW leistenden Kombi Leon ST Cupra. Auch die Skoda-Bühne vibriert im Takt fetziger Musik. Hier zeigen 23 Auszubildende aus Mladá Boleslav ihr in 500 Handwerksstunden erschaffenes witziges Glanzstück: einen Skoda Pick-up auf Basis des Fabia. GTI ist Kult. 2016 wird der Ur-Typ 40 Jahre alt. Nicht alle seiner Anhänger haben dieses Alter, in dem angeblich die Weisheit beginnt, schon erreicht.

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