Gefährliche Bakterien auf Weltreise

Bern · Viele Indien-Touristen bringen aus dem Urlaub unwissentlich gefährliche Mitbringsel zurück. Sie sind mit multiresistenten Keimen infiziert, berichten Mikrobiologen der Universität Bern. Diese Super-Keime könnten schwere Infektionen auslösen.

Mit der Entdeckung des Penicillins schien der Medizin vor 70 Jahren die Wunderwaffe im Kampf gegen bakterielle Infektionen in die Hand gegeben. Mittlerweile wissen die Pharmaforscher, wie trügerisch die Hoffnung war, die Bakterien besiegen zu können. Denn die entwickeln in atemberaubendem Tempo Widerstandskräfte. Und da die Weiterentwicklung der Antibiotika bis in die 1990er Jahre hinein lahmte, sind spezielle Problemkeime mittlerweile gegen fast alle Antibiotika immun geworden. Einzig mit dem Wirkstoff Colistin könnten einige der gefährlichsten Erreger bislang noch behandelt werden, berichtet die Uni Bern .

Doch jetzt wird auch diese Waffe stumpf. Ende 2015 sei in Stämmen der Bakterien Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae eine Resistenz gegen das letzte Reserveantibiotikum Colistin entdeckt worden. Diese Bakterienstämme seien in China und in anderen Ländern im Darmtrakt von Menschen, Nutztieren sowie in Geflügelfleisch nachgewiesen worden. Die Colistin-Resistenz werde durch ein Gen (mcr-1) weitergegeben, das sich über Darmbakterien verbreiten könne. Als Folge drohten Harnwegs- und Lungeninfektionen, auch Blutvergiftungen seien möglich, so die Schweizer Forscher.

Die Mikrobiologen der Uni Bern untersuchten Stuhlproben von 38 vom Indien heimkehrenden Schweizer Fernost-Reisenden. Sie fanden bei drei Vierteln der Touristen multiresistente Darmbakterien. "Noch schwerwiegender ist, dass elf Prozent der Reisenden in ihren Stuhlproben Colistin-resistente Stämme hatten", erklärt Professor Andrea Endimiani. Molekulare Analysen hätten ergeben, "dass diese lebensgefährlichen Bakterien durch die Umwelt oder durch die Nahrungskette in Indien aufgenommen worden waren", berichtet die Universität Bern . Auch für gesunde Träger dieser sogenannten Superkeime bestehe ein hohes Risiko, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt an Harnwegsinfektionen oder an einer Blutvergiftung erkranken, da diese Erreger dann nur schwer zu bekämpfen seien.

Nach Schätzungen sterben mittlerweile pro Jahr weltweit 700 000 Menschen an Infektionen, gegen die Antibiotika nichts mehr ausrichten könnten. Daten zu Todesfällen, die auf das Konto dieser Bakterien in Indien gehen, würden auf Druck der Regierung nicht herausgegeben, so Andrea Endimiani.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort