Frauen wollen keine Frauenautos

Brühl · Nissan untersucht seit 20 Jahren die Wünsche und Abneigungen von Frauen beim Erwerb eines neuen Fahrzeugs. Die neue Studie zeigt, dass Autokäuferinnen in einigen Punkten etwas anders ticken als männliche Käufer.

 Frauen lieben Autos, die mehrere Karosserieformen in sich vereinen. Ein Beispiel ist der Nissan Juke, eine Mischung aus Kleinwagen, Geländewagen und Kombi mit intelligentem Raumkonzept. Fotos: Nissan, gj

Frauen lieben Autos, die mehrere Karosserieformen in sich vereinen. Ein Beispiel ist der Nissan Juke, eine Mischung aus Kleinwagen, Geländewagen und Kombi mit intelligentem Raumkonzept. Fotos: Nissan, gj

 Mandy Lee

Mandy Lee

 Beim Autokauf achten Frauen besonders darauf, dass der Gepäckraum gut zugänglich, variabel und geräumig ist.

Beim Autokauf achten Frauen besonders darauf, dass der Gepäckraum gut zugänglich, variabel und geräumig ist.

Mandy Lee arbeitet als Spezialistin für kundenorientierte Entwicklung im britischen Nissan-Technikzentrum Cranfield. Sie ist zuständig für die Studie "Frauen und Autos", für die der japanische Hersteller seit nunmehr 20 Jahren regelmäßig weltweit Frauen nach ihren Wünschen beim Autokauf befragt. "Unglaublich, aber wahr - nicht alle Frauen mögen pink, tragen während der Fahrt hochhackige Schuhe oder betrachten ihr Auto als riesige schmückende Handtasche", sagt Lee - und grinst.

Sie liebt es, solche Klischees aufzugreifen und zu zerpflücken. Dabei sei es gar nicht so einfach, allgemeingültige Aussagen zu treffen, erläutert sie, "denn Frauen wollen in der Automobilwelt das Gleiche wie Männer , bloß anders".

Tatsache ist, dass ein typisches Frauenauto nicht existiert, vielleicht sogar nie existiert hat. Und Fahrzeughersteller vermeiden mittlerweile sogar tunlichst, dass ihre Werbe-Strategien auf die weibliche Hälfte der Menschheit abzielen. Dies würde die männliche Kundschaft abschrecken, hört man häufig hinter vorgehaltener Hand von internationalen Verkaufsexperten.

Nissan lässt die Antworten der Frauen soweit wie möglich in die Entwicklung einfließen - ohne die männliche Kundschaft zu vergraulen. Um die verschiedenen Bedürfnisse der Geschlechter herauszuarbeiten, werden auch Männer interviewt.

Wo liegen die Unterschiede? "Wir können Schwerpunkte erkennen, worauf Frauen mehr Wert legen als Männer ", sagt Mandy Lee. Es mag erstaunen, aber nach den Untersuchungen erliegen Frauen viel stärker dem visuellen Reiz eines Autos als Männer . Dabei geht es allerdings nicht darum, eine Protzkiste zu besitzen, das eigene Selbstbewusstsein mit einem Prestigeobjekt aufzuwerten oder den Erwartungen des sozialen Umfeldes zu entsprechen. Vielmehr muss das Objekt der Begierde in Aussehen und Nutzbarkeit der eigenen Persönlichkeit entsprechen. Dies erfasst eine Frau leicht mit einem Blick im Straßenverkehr. Der fahrbare Untersatz muss dazu nicht auf einer Messe oder im Ausstellungsraum in Szene gesetzt werden.

Stärker als bei Männern spielen für Frauen harte Fakten eine Rolle. Weibliche Käufer steckten einen Finanzrahmen zur Neuanschaffung einschließlich Steuern und Versicherung ab und fühlten sich daran gebunden, erläutert Lee. Auch die Verbrauchswerte stünden im Vordergrund. In beiden Punkten seien Männer augenscheinlich deutlich großzügiger beziehungsweise viel nachlässiger.

Glaubt man der Studie, prägen auch Sicherheit und Kontrolle wesentlich die Kaufentscheidungen von Frauen . Männern ist dies auch nicht unwichtig, aber Frauen achten mehr darauf. Demnach sind sie empfänglich für Rundumsicht-Kameras, Scheinwerferlicht, das nach dem Abstellen des Autos den Weg ins Haus erhellt, sowie automatisch verriegelnde Türen und denkbar viele Airbags. Insgesamt sind elektronische Helferlein dann willkommen, wenn sie entspanntes Fahren ermöglichen, ohne das Cockpit und das alltägliche Dahingleiten zu überfrachten.

Und noch ein Wunsch gereicht nach Mandy Lees Auffassung den Frauen zur Ehre: "Auch die Fondpassagiere sollen gut einsteigen können, wohltemperiert und entspannt sitzen." Wieder mit einem Grinsen fügt sie hinzu: "Typisch Frau - die Kommunikation in den Fond zu Jung und Alt muss gut funktionieren".

Man hält zwar die Männer für die Lademeister der Nation, in der Befragung erklären jedoch vor allem die Frauen , wie wichtig ein intelligentes Gepäckraumkonzept samt niedriger Ladekante sei. Den Vorteil einer elektrisch öffnenden und schließenden Heckklappe könnten ja bloß Personen genießen, die "täglich mehrfach mit vollen Händen ans Hinterstübchen ran müssen". Im Hinblick auf Unterschiede im Kaufverhalten in Europa lässt sich Mandy Lee nur wenig in die Karten schauen. Immerhin gibt sie preis, dass die Fahrerinnen in Deutschland mehr als die Frauen in anderen Ländern innovative Technologien schätzen.

Gibt es nun bestimmte Automodelle, die von Frauen bevorzugt werden. "Nein", sagt Lee, "es geht bunt durch den Gemüsegarten." Abhängig von ihrer Lebenssituation greifen Frauen zu entsprechenden Fahrzeugtypen. Doch es scheint, als käme ihnen der Zeitgeist entgegen, der sich von der klassischen Einteilung in Klein- und Kompaktwagen, Limousine und Kombi ein gutes Stück losgesagt hat und stattdessen Kreuzungen in allen Größen und Formen bevorzugt - sogenannte Crossover-Modelle.

Ein Beispiel ist der Nissan Juke, eine Mischung aus Kleinwagen, Geländewagen und Kombi. Er zählt zur Klasse der Mini-SUVs. 51 Prozent der Käufer sind Frauen . Sind womöglich viele dieser beliebten Crossover-Modelle, die mittlerweile bei fast allen Herstellern erhältlich sind, erst durch den Einfluss von Frauen entstanden? Mandy Lee schmunzelt - und schweigt.

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