Mobilität Ein Ritt auf dem Kugelblitz

Saarbrücken · Das Elektro-Motorrad Zero SR/F ermöglicht mit unfassbaren 190 Nm Drehmoment eine urgewaltige Beschleunigung.

 Die kalifornische Firma Zero Motorcycles bietet das rein elektrisch angetriebene Motorrad Zero SR/F ab 20 490 Euro an. Die Maschine zählt zum Segment der Streetfighter und übertrifft alle Erwartungen an Agilität und Leistung.

Die kalifornische Firma Zero Motorcycles bietet das rein elektrisch angetriebene Motorrad Zero SR/F ab 20 490 Euro an. Die Maschine zählt zum Segment der Streetfighter und übertrifft alle Erwartungen an Agilität und Leistung.

Foto: Ralf Schütze

Baron Münchhausen hätte seine wahre Freude daran. Nicht wie auf einer Kanonenkugel, sondern wie auf einem Kugelblitz könnte er sich fühlen im Sattel des Elektro-Motorrads Zero SR/F aus Nordkalifornien. Das Modellkürzel leitet sich ab vom Begriff Streetfighter. Das sind sportliche und unverkleidete Motorräder für höchstmöglichen Fahrspaß, und das nicht nur auf Landstraßen oder Rennstrecken, sondern bereits im Stadtverkehr.

Ungewöhnlich ist an der rein elektrischen Zero SR/F vor allem ihre urgewaltige Beschleunigung. Brachiale 190 Newtonmeter Drehmoment katapultieren das nur 220 Kilogramm schwere Motorrad blitzschnell gen Horizont.

Im Zaum gehalten wird die schier unbändige Antriebskraft des neuen Wechselstrommotors Z-Force 75-10 von feinster Elektronik. Allen voran gehört dazu die Motorrad-Stabilitätskontrolle (MSC) von Bosch samt Kurven-ABS. Für die Technik der SR/F und aller anderen Zero-Elektrobikes ist Abe Askenazi verantwortlich, ehemals in Diensten bei Buell. Der versierte Fahrdynamik-Spezialist wählte offenbar nur hochwertige Komponenten fürs neue Topmodell SR/F aus. So stammen Federung und Dämpfung vorne und hinten von Showa und sind voll einstellbar. Auch die Serienreifen Pirelli Diablo Rosso III tragen wesentlich zur tadellosen Straßenlage des Elektro-Motorrads bei.

Auf neuestem Stand ist die SR/F auch bei der Konnektivität, der Vernetzung per Internet. Eine spezielle App ist über Bluetooth mit dem Motorrad verbunden. Sie zeigt wichtige Fahrzeugdaten sowie nahegelegene Ladestationen an. Auf eine Verbindung zur Navigation des Smartphones muss man noch etwas warten, sie wird aber bald am großen TFT-Display den Weg weisen.

Sowohl am Monitor als auch über die App kann man zwischen den Fahrmodi Street, Sport, Eco und Rain wählen. Zehn weitere, individuelle Modi erlauben variable Leistungsabgabe und Rekuperation, also eine unterschiedlich starke Rückgewinnung und Speicherung von Bremsenergie.

Beim Fahren mit der SR/F vermisst man den Sound eines Benzinmotors nicht wirklich. Selbst Fans von knackigem Boxer-Vierzylinder- oder V2-Klang nehmen zwar eine sonderbare Stille wahr, merken dann aber schnell, dass man gerade deshalb besonders intensiv die impulsive Beschleunigung erlebt und genießt.

Die starken 14,4-kWh-Lithiumionen-Akkus bringen mehr Reichweite, als Elektro-Skeptiker befürchten könnten. Offiziell kommt die SR/F in der Stadt 259 Kilometer weit, im Einsatz Stadt-Land-Autobahn sollen es 157 Kilometer sein. Unser Test ergab 143 Kilometer Reichweite. Das klingt vielleicht nach etwas wenig, ist für diese Motorradklasse aber kein großes Problem. Denn mit einem Streetfighter geht man höchstens auf Kurztrips und fährt ansonsten meist durch die Stadt.

Positive Überraschungen liefert das Aufladen der Akkus. Vor allem das 22 690 Euro teure Premium-Modell mit 6-kW-Schnellladesystem ist im Idealfall in einer Stunde von null auf 95 Prozent aufgeladen. Bis zur kompletten Vollladung vergehen nur weitere 30 Minuten. Mit der 20 490 Euro teuren Standard-Zero SR/F und 3-kW-Ladesystem dauert es an einer üblichen Haushaltssteckdose von völlig leeren bis 100 Prozent vollen Akkus viereinhalb Stunden.

Entsprechend ihrem Design und ihren Proportionen fährt sich die Zero SR/F agil und sehr spurtstark wie ein typischer Streetfighter. Dank ihrer schmalen Silhouette schlüpft man mit ihr selbst im dichtesten Stadtverkehr wieselflink durch Engpässe und Staus. Ebenfalls typisch ist, dass man mehr im als auf dem Bike sitzt. Und trotz kurzen Radstands herrscht großzügiger Abstand zum breiten Lenker, mit dem man das Elektro-Motorrad stets gut im Griff hat.

Die Preise klingen hoch. Doch beim Drehmoment, das für Fahrspaß weit wertvoller ist als hohe PS-Zahlen, liegt sogar eine KTM 1290 Super Duke R (16 595 Euro, 141 Nm) deutlich hinter der Zero SR/F mit ihren 190 Nm. Selbst eine 18 430 Euro teure Ducati Monster 1200 R (126 Nm) hält nicht annähernd mit. Und das Drehmoment der Benziner baut sich erst mit steigender Drehzahl allmählich auf. Die deutlich höhere Antriebskraft der Zero dagegen liegt ab 1 U/min voll an.

 Das übersichtliche und gut ablesbare Display der Zero SR/F kann der Fahrer nach seinen Bedürfnissen konfigurieren.

Das übersichtliche und gut ablesbare Display der Zero SR/F kann der Fahrer nach seinen Bedürfnissen konfigurieren.

Foto: Ralf Schütze
 Im Elektromotorrad SR/F sitzen die 14,4-kWh-Lithiumionen-Akkus unter der Tankattrappe.

Im Elektromotorrad SR/F sitzen die 14,4-kWh-Lithiumionen-Akkus unter der Tankattrappe.

Foto: Ralf Schütze

Da sollten nicht mal drei Monate Lieferzeit grundsätzlich davon abschrecken, dass man dem elektrischen Kugelblitz auf zwei Rädern bei einer Probefahrt mal eine Chance gibt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort