Mercedes-Benz EQC Klima-Rettung im Trippelschritt

Stockholm · Der EQC ist das erste speziell entwickelte Elektroauto von Mercedes-Benz. Es weist keine futuristische Karosserie auf, sondern ist wie ein SUV gezeichnet. Er kommt frühestens in einem halben Jahr in den Handel.

 Mercedes-Benz will sein Elektroauto EQC im späten Frühjahr des kommenden Jahres auf den Markt bringen.

Mercedes-Benz will sein Elektroauto EQC im späten Frühjahr des kommenden Jahres auf den Markt bringen.

Foto: Daimler AG/Daimler AG - Global Communicatio

Warum sollte man kleckern, wenn man klotzen kann? Zweieinhalb Tonnen schwer und mit über 400 Pferdestärken bestückt, dazu das aktuell gemeinhin bevorzugte Blechkleid eines SUVs – fertig ist das Elektroauto EQC.

Das erste reine Elektromodell von Mercedes-Benz ist 4,76 Meter lang. Es erscheint auf den ersten Blick wie ein gefälliges SUV, bis man sich seine Bugpartie etwas genauer betrachtet. Hier zieht sich eine schwarze Fläche um den Kühlergrill, selbst die Scheinwerfer sind von feinen schwarzen Spangen umrankt. Zudem fällt ein über den Grill-Lamellen platziertes Leuchtenband auf, das die Tagfahrlichter effektvoll in Szene setzen könnte. Nur ist solch ein Lichteffekt in Deutschland ebenso wenig erlaubt wie der prominent auf dem Grill sitzende Leucht-Stern. Beide Elemente werden hierzulande deshalb nur in Chrom geliefert. Am Heck verbindet ein rotes Band wie neuerdings auch bei Porsche die beiden Rückleuchten.

Im Cockpit deutet sich ebenfalls die neue Zeit an. Hier dient als Blickfang wie bereits in der neuen A-Klasse der extrem breit gezogene Bildschirm bis über die Mitte der Armaturentafel hinaus Richtung Beifahrer. Die Bedienung erfolgt durch Wischen, Tippen und Sprache. Auffällig anders für ein Mercedes-Modell sind die länglichen Lüftungsschlitze in rosé-goldener Färbung: Ade, ihr gediegen kugelrunden Luftspender.

Bei der ersten Sitzprobe bieten alle Plätze großzügige Kopf- und Beinfreiheit, auch in der zweiten Reihe. Mit einem 500 Liter fassenden Kofferraum zeigt der EQC einmal mehr seine Alltagstauglichkeit.

Die 650 Kilogramm schwere Batterie des Elektroantriebs mit 80 kWh Kapazität sitzt nicht unter der Fronthaube, sondern aus Sicherheitsgründen mit Stahl ummantelt im Fahrzeugboden. Bei einem Unfall wird die Hochspannung sofort abgeschaltet. Zwei Elektromotoren an der Vorder- und Hinterachse ermöglichen einen astreinen Allradantrieb. Ob das Antriebskonzept samt Kühlung und Heizung harmoniert, wird sich erst bei der Fahrvorstellung im kommenden Jahr herausstellen. Der EQC soll im späten Frühjahr 2019 auf den Markt kommen.

Es steht eine Gesamtleistung von 408 PS/300 kW zur Verfügung, und mit dem bärenstarken Drehmoment von 765 Newtonmetern spielt der Mercedes erwartungsgemäß seinen höchsten Trumpf aus. Der Sprint von null auf hundert ist in 5,1 Sekunden zu bewerkstelligen, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 180 km/h.

Weitaus wichtiger ist jedoch die Reichweite. Nach der alten NEFZ-Messung sollen es 450 Kilometer sein. Nach der neuen WLTP-Norm dürften es selbst unter idealen Bedingungen, wozu auch ein gezähmter Gasfuß zählt, höchstens 400 Kilometer sein.

Dabei sollen maßgeschneiderte Fahrprogramme helfen, die in Zusammenarbeit mit dem Navigationssystem Steigungen und Gefällstrecken im Voraus erkennen und die Kraft optimal und somit energiesparend dosieren. Das E-Pedal dient nicht nur dem Gasgeben, sondern bremst beim Loslassen den Wagen auch bis zum Stillstand ab. In den meisten Fällen erübrigt sich ein Tritt aufs Bremspedal. Zudem wird Bremsenergie zurückgewonnen.

Sofern zehn Prozent Restenergie vorhanden sind, kann man an einer 110 Kilowatt starken Gleichstromsäule den EQC in circa 40 Minuten zu 80 Prozent aufladen. Mit einer Mercedes-Wallbox gelingt die komplette Ladung zuhause in ungefähr neun Stunden. Für den Alltag unrealistisch gestaltet sich das Stromschlürfen an einer Haushaltssteckdose: Es würde einen kompletten Tag dauern.

Da Elektroautos meist mit Strom aus herkömmlichen Kraftwerken und nicht mit erneuerbarer Energie aufgetankt werden, tragen sie noch nicht wirklich zum Kampf gegen den Klimawandel bei. Daher ist auch der Mercedes EQC allenfalls als Hoffnungsschimmer zu sehen.

Bei der Standpräsentation des EQC kündigte Daimler an, bis 2022 zehn vollelektrifizierte Modelle auf den Markt bringen zu wollen. Beim bisherigen Tempo ist dies ein stramm formuliertes Ziel, das jedoch oberste Priorität haben dürfte. Denn der Konzern will bereits im Jahr 2025 bis zu 25 Prozent seiner Fahrzeuge mit Elektroantrieb verkaufen.

 Der breitgezogene digitale Bildschirm prägt das Cockpit des Mercedes EQC. Die Funktionen können auch per Sprachbefehl aktiviert werden.

Der breitgezogene digitale Bildschirm prägt das Cockpit des Mercedes EQC. Die Funktionen können auch per Sprachbefehl aktiviert werden.

Foto: Daimler AG/Daimler AG - Global Communicatio

Seite an Seite mit dem GLC wird der EQC im Werk Bremen vom Band laufen. Über die Preise schweigen sich die Verkaufsstrategen bei Mercedes-Benz noch aus. Unter 70 000 Euro wird der Einstieg mutmaßlich nicht möglich sein. Nach oben sind kaum Grenzen gesetzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort