Die Platzhirsche kommen ins Schwitzen

Saarbrücken · Die spanische VW-Tochter Seat mausert sich nun auch im SUV-Segment zum Konkurrenten der bisherigen Platzhirsche. Mit einem starken Auftritt bietet der neue kompakte Seat Ateca den etablierten Konkurrenten von Ford und VW Paroli.

 Der neue Seat Ateca nutzt die gleiche Plattform wie der VW Tiguan, ist aber eine halbe Nummer kleiner.

Der neue Seat Ateca nutzt die gleiche Plattform wie der VW Tiguan, ist aber eine halbe Nummer kleiner.

Erstmals schickt Seat ein SUV ins Rennen um die Gunst der Käufer. Lang hat es gedauert, aber jetzt ist der Ateca da. Das rundum gelungene Modell der Mittelklasse trifft auf den Ford Kuga 2.0 TDCi und den VW Tiguan 2.0 TDI. Alle drei haben einen 150 PS/110 kW starken 2,0-Liter-Dieselmotor unter der Motorhaube und verfügen über Allradantrieb.

Der kürzlich eingeführte Seat Ateca basiert - wie sollte es anders sein - auf dem sogenannten Modularen Querbaukasten des VW-Konzerns. Er nutzt somit die gleiche Basis wie der VW Tiguan der zweiten Generation, der seit April ausgeliefert wird. Den Kuga liefert Ford seit 2013 in der noch aktuellen Auflage aus, aber im Frühjahr erhält er ein Facelift.

Wie ähnlich sind sich die Drei? Die Maße sagen schon einiges. Der Ateca ist mit 4,36 Metern gut zwölf Zentimeter kürzer als der Tiguan, zudem rund sechs Zentimeter flacher. Im Radstand misst er fast fünf Zentimeter weniger. Das führt zu kleinen Abstrichen bei der Beinfreiheit im Fond und zum etwas kleineren Gepäckraum (485 bis 1579 Liter statt 520 bis 1655 Liter). Doch keine Sorge: Hinten sitzt man sehr bequem.

Im Tiguan sowieso, die Rücksitzbank lässt sich zudem um 18 Zentimeter verschieben. Damit ist die Variabilität noch nicht ausgeschöpft. Der Tiguan bietet serienmäßig mehr, obwohl sich auch beim Ateca die Rückbank geteilt umklappen lässt, aber schon der variable Ladeboden kostet extra (145 Euro).

Der Ford Kuga ist mit 4,52 Metern der längste im Trio und er ragt mit 1,70 Meter am höchsten auf. Diesen Vorteil nutzt er beim Stauraum nicht ganz aus, sein Volumen liegt bei 456 Litern; nur im Maximalvolumen liefert er praktisch den gleichen Wert wie der Tiguan. Die Rücksitzbank im Kuga senkt sich nämlich samt neigungsverstellbarer Lehnen ab, allerdings bleibt eine kleine Stufe.

Bis zu fünf Erwachsene finden im Innenraum genug Platz. Sie sitzen etwas höher als im Tiguan, gegenüber dem Ateca sind es sogar acht Zentimeter. Der Fahrer schaut auf ein vor einem Jahr aufgefrischtes Cockpit mit Touchscreen fürs Infotainment, die Bedienbarkeit, unter anderem der Assistenten und des Navigationssystems, ist allerdings nicht optimal.

Im Seat Ateca 2.0 TDI arbeitet wie im Tiguan der bekannte 2,0-Liter-Diesel von Volkswagen, im Ford Kuga ein gleich starker 150-PS-Diesel, der mit 370 Newtonmeter statt 340 Newtonmeter etwas mehr Drehmoment aktiviert. Der Ford-Diesel zieht fast ohne Verzögerung vehement los, in zehn Sekunden erreicht er aus dem Stand Tempo 100. Seine Kontrahenten sind allerdings um rund eine Sekunde schneller auf der 100er-Marke, der leichtere Ateca besonders flott. Auch in der Spitze fehlen dem Kuga ein paar Stundenkilometer gegenüber dem Ateca und dem Tiguan. Letzterer läuft bis zu 200 km/h.

Diese kleinen Unterschiede zählen aber wenig, wichtiger sind die Verbrauchswerte. Da kann der Ateca, der in der 150-PS-Allradversion gegenüber dem Tiguan 2.0 TDI rund 160 Kilogramm leichter ist, punkten. Nicht zufällig ist wohl, dass einer der beiden Allrader aus dem Volkswagen-Konzern, der Tiguan, ausschließlich mit Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG) geliefert wird, der Seat Ateca hingegen immer mit Sechsganggetriebe ausgerüstet ist - zumindest vorläufig. Schon beim Normverbrauch schneidet der Ateca 2.0 TDI mit fünf Litern am günstigsten ab, bei etwas zurückhaltender Fahrweise kommt er mit diesem Wert sogar in der Praxis aus. Allenfalls liegt er geringfügig darüber.

Fährt man vorausschauend, reichen etwa bei Überlandfahrten auch beim Tiguan 5,6 Liter für 100 Kilometer. Im Eco-Modus schaltet der Motor in den Leerlauf. Dadurch rollt das Fahrzeug dahin, nutzt den Schwung länger aus und verbraucht weniger.

Auf höhere Verbräuche bringt es der gegenüber dem Tiguan ähnlich schwere Ford Kuga (1720 Kilogramm), der sich selten mit weniger als sechs Litern begnügt. Sehr zügig gefahren können alle drei schon einmal neun bis knapp zehn Liter pro 100 Kilometer konsumieren. Wer sparsam und trotzdem ausreichend flott unterwegs sein will, ist mit den 150-PS-Dieselmotoren bei moderater Fahrweise gut bedient.

Bei einem Test des Seat Ateca mit 190 PS und Allradantrieb lag unser Verbrauch durchschnittlich einen Liter höher als beim 150-PS-Diesel. Unter sechs Liter ist da kaum etwas zu machen.

Keines der drei SUVs zeigte Auffälligkeiten beim Fahrverhalten. Schon der preisgünstige Ateca 2.0 TDI 4Drive Style (29 420 Euro) federt trotz gewisser Straffheit kommod. Der Fahrer erfreut sich in Kurven an der Leichtigkeit, empfindet das Seat-SUV ähnlich agil wie den Tiguan. Übermütige Fahrmanöver regelt das ESP. Zum Fahrspaß trägt die präzise und gut abgestufte Handschaltung bei.

Im VW arbeitet das DSG ausgezeichnet. Am Komfort lässt sich nichts aussetzen; die Adaptivdämpfer (1045 Euro Aufpreis) bügeln leer wie beladen fast alles weg. Das Allradsystem mit neuester Haldex-Lamellenkupplung lässt sich wie beim Ateca auf unterschiedliche Fahrbahnoberflächen programmieren.

Nicht ganz leicht hat es der Ford Kuga 2.0 TDCi 4x4 Titanium (für 32 750 Euro) gegen die beiden Neuen. Er bemüht sich aber redlich, viel Fahrspaß zu vermitteln. Der Diesel kann höher als seine Wettbewerber aus dem VW-Konzern drehen, das unterstreicht er auch akustisch. Das gut gestufte Sechsganggetriebe passt. Die Lenkung spricht relativ direkt an; um Kurven zirkelt der Kuga sehr flott. Mit seiner Serienausstattung ist es aber nicht weit her.

Insgesamt vermittelt der Kuga einen speziellen Charakter, den manche Kunden durchaus schätzen. Aber in mancher Hinsicht kann er mit den neuen, rundum gut präparierten Klassenkameraden nicht ganz mithalten.

Allerdings liefert Ford ab kommendem Frühjahr den überarbeiteten Kuga aus. Dann kommt ein neuer 1,5-Liter-Basisdiesel, der 120 PS leistet, ins Programm. Der Umfang der Assistenzsysteme wird erweitert, die Vernetzung auf den aktuellen Stand gebracht (Sync3 mit Applink) und ein Touchscreen eingeführt, der nicht zuletzt die Bedienung vereinfacht.

Kann der Tiguan alles besser? Nein, so einfach ist das nicht. Gewiss, er hat von dem Trio den meisten Platz für Passagiere und Gepäck. Und seine Variabilität ist am besten. Außerdem kurvt er am schnellsten durch die Pylonengasse, absolviert hurtig Ausweichmanöver, sichert die Insassen mit den meisten Assistenzsystemen. Dazu ist er von Haus aus mit den aufwendigsten adaptiven Scheinwerfern ausgestattet. Und im Falle des Falles verzögert er nachdrücklich. Nicht zuletzt wirken Materialien und Verarbeitung besonders hochwertig. All das macht ihn, der zudem fast ein halbes Segment höher angesiedelt ist, freilich auch teurer (38 450 Euro) als die anderen.

 Der Seat Ateca wartet mit einem übersichtlichen Cockpit auf.

Der Seat Ateca wartet mit einem übersichtlichen Cockpit auf.

 Der VW Tiguan glänzt mit einem modernen funktionalen Cockpit.

Der VW Tiguan glänzt mit einem modernen funktionalen Cockpit.

 Die Armaturentafel im Ford Kuga wirkt etwas überladen.

Die Armaturentafel im Ford Kuga wirkt etwas überladen.

 VW bietet den jüngst erneuerten Tiguan mit einer guten Serienausstattung an. Das lässt sich der Hersteller aber auch bezahlen.

VW bietet den jüngst erneuerten Tiguan mit einer guten Serienausstattung an. Das lässt sich der Hersteller aber auch bezahlen.

 Der Ford Kuga ist das älteste SUV in diesem Vergleich. Die überarbeitete Version ist für nächstes Quartal angekündigt. Fotos: Werk

Der Ford Kuga ist das älteste SUV in diesem Vergleich. Die überarbeitete Version ist für nächstes Quartal angekündigt. Fotos: Werk

Bei allem Lob für den Tiguan muss man jedoch auch sehen, wie nah die spanische Tochter dran ist. Es wirkt fast so, als ob die VW-Mutter den kleinen Abstand des Ateca in vielen Disziplinen gezielt vorgegeben hat.

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