Das zweite Leben der alten Akkus

Lünen · Leistungsfähige Stromspeicher sind notwendig für die Umsetzung der Energiewende. Autohersteller könnten mit ausgedienten Batteriesystemen ihrer Elektrofahrzeuge dazu beitragen. Daimler geht jetzt mit dem derzeit größten Speicher aus ausrangierten Elektroautobatterien ans Stromnetz.

 Daimler verwendet rund 1000 ausrangierte Batterien aus Elektroautos für einen stationären Stromspeicher im westfälischen Lünen.

Daimler verwendet rund 1000 ausrangierte Batterien aus Elektroautos für einen stationären Stromspeicher im westfälischen Lünen.

 Ein Beschäftigter bringt Kühlschläuche an den Lithiumionen-Batterien an. Fotos: Daimler

Ein Beschäftigter bringt Kühlschläuche an den Lithiumionen-Batterien an. Fotos: Daimler

Die Idee eines zweiten Lebens für Batterien aus Elektrofahrzeugen existiert seit Längerem und hat weltweit schon zahlreiche Pilotprojekte auf den Weg gebracht. Denn nach ihrem Einsatz im Auto sind die Akkus noch lange nicht am Ende ihrer Leistungsfähigkeit.

Man rechnet aktuell mit einer Lebenszeit von zehn Jahren im Fahrzeug, wo die Batterien bekanntermaßen hohen Anforderungen ausgesetzt sind. Danach ist mit einem Kapazitätsverlust zu rechnen, doch mindestens 80 Prozent der Leistungsfähigkeit stehen für weitere zehn Jahre zur Verfügung.

Werden die Batterien aus Elektroautos anschließend in festen Stationen eingesetzt, spielt die etwas geringere Leistung nur eine untergeordnete Rolle. Fachleute sprechen von Second Life (zweites Leben) oder Second Use (Zweitnutzung).

Da in Deutschland rein elektrisch betriebene Fahrzeuge erst seit sechs Jahren in größeren Serien gefertigt und an Privatkunden verkauft werden, gibt es noch wenige Batterie-Rückläufer. Auch die Akkus moderner Plug-in-Hybride, also der Fahrzeugantriebe mit Verbrennungs- plus Elektromotor, zählen zu den möglichen Second-Life-Speichersystemen. Die Autohersteller erforschen intensiv, wie die gebrauchten Batterien am besten genutzt werden können. Eine Möglichkeit ist der stationäre Gebrauch. Selbst Privatleute sind an Testprogrammen beteiligt, um Strom aus ihren Photovoltaikanlagen in diesen Batterien zwischenzuspeichern. Eine große Einbindung ins Stromnetz steht kurz vor dem Start. Die Daimler-Tochtergesellschaft Accumotive im sächsischen Kamenz, die seit Mai 2015 im Bereich der stationären Energiespeicher aktiv ist, hat sich mit mehreren Partnern zu einem Gemeinschaftsunternehmen zusammengeschlossen. Nun werden rund 1000 Batterien des Elektro-Smart, die zwischen 2009 und 2012 gebaut wurden, für einen neuen industriellen Großspeicher verwendet.

Diese Zweitverwertung findet im westfälischen Lünen auf dem Gelände des Recycling-Dienstleisters Remondis statt. Der dortige Stationärspeicher hat eine Kapazität von 13 Megawattstunden und gilt damit als einer der weltweit größten Second-Use-Batteriespeicher. Er geht in Kürze in Betrieb und soll Schwankungen im Stromnetz ausgleichen. Damit von der Installation bis zur Vermarktung an den Energiemärkten alles gelingt, sitzen in Lünen zwei weitere Partner mit im Boot: das Technologie-Unternehmen The Mobility House (TMH) und die Energiedienstleistungsfirma Getec Energie.

Wenn die Zweitverwertung im Idealfall nach mindestens zehn Jahren beendet ist, nimmt Remondis die Lithiumionen-Batterien auseinander und recycelt sie.

Daimler-Chef Dieter Zetsche hat in Lünen bekundet, dass "auf diese Weise die Klimabilanz des Elektroautos weiter verbessert wird. Wir hoffen, dass die Second-Life-Batteriespeicherung Schule macht."

Um Letzteres muss er sich nicht sorgen, denn auch andere Autohersteller arbeiten an Energiespeichersystemen aus gebrauchten Batterien . Bei BMW steht derzeit die Installation von Zwischenspeichern für Schnellladestationen und Solaranlagen sowie von Großspeichern zur Stabilisierung des Stromnetzes im Mittelpunkt. Die Akkus dafür stammen aus den Forschungsfahrzeugen ActiveE und Elektro-Mini sowie aus dem BMW i3.

Nissan hat ein Modul entwickelt, das Second-Life-Batterien aus dem Elektroauto Leaf sowie eine Photovoltaik-Anlage umfasst. Damit sollen Kunden selbst bei einem Ausfall des öffentlichen Stromnetzes stets zuverlässig mit Energie versorgt werden. Das Modul kann auch ohne Anschluss ans öffentliche Netz genutzt werden.

Renault präsentierte in Paris einen Prototypen seines mittelgroßen Transporters Trafic, dem mit gebrauchten Batterien ein neues Leben eingehaucht wurde: vom Diesel- zum Elektro-Trafic. Renault hat drei Elektro-Fahrzeuge im Programm: Twizy, Zoe und Kangoo ZE.

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