Klassikrallyes Doris Mittwoch „Da sind langjährige Ehen zerbrochen“

Eine Organisatorin von Klassik-Rallyes spricht über ihre Erlebnisse und die Befindlichkeiten der Teilnehmer.

 Doris Mittwoch, links im Bild mit erhobener Hand bei der Zieleinfahrt der Oldtimer-Rallye Baiersbronn Classic zu sehen, organisiert seit 1998 solche Veranstaltungen – inzwischen mit bis zu 250 Mitarbeitern.

Doris Mittwoch, links im Bild mit erhobener Hand bei der Zieleinfahrt der Oldtimer-Rallye Baiersbronn Classic zu sehen, organisiert seit 1998 solche Veranstaltungen – inzwischen mit bis zu 250 Mitarbeitern.

Foto: Gundel Jacobi

Oldtimer-Rallyes schossen jahrelang wie Pilze aus dem Boden und erfreuten sich zunehmender Beliebtheit – bis ihnen 2020 die Covid-19-Pandemie dazwischen kam und die meisten Veranstaltungen abgesagt werden mussten. Doris Mittwoch, Organisatorin zahlreicher Klassik-Rallyes spricht über die erschwerten Bedingungen. Nach jetzigem Stand soll die Arlberg Classic im Juni und die Baiersbronn Classic im September stattfinden.

Frau Mittwoch, Sie organisieren seit 1998 klassische Rallyes. Wie sind Sie darauf gekommen?

Doris Mittwoch: Ich war damals bei der Motor-Presse Stuttgart für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. In meinem Urlaub in Vorarlberg saß ich mehr oder weniger zufällig mit dem Montafon-Tourismusdirektor Arno Fricke zusammen, und wir kamen auf die Idee, mit alten Autos die Silvretta hinaufzufahren. Das fing ganz bescheiden an. In den letzten Jahren war dann ein Tross von über 200 Autos unterwegs.

Es hat ja bei jeder Rallye immer eine erste Veranstaltung gegeben, bei der Sie noch keine Stammgäste anschreiben konnten. Wie sprechen Sie mögliche Teilnehmer an?

Das war bei der Motor Presse kein Problem, weil wir das anfangs über unsere Zeitschriften ausschreiben konnten. Ich habe eine Kartei aller Teilnehmer angelegt samt ihren Besonderheiten. Sie kriegen zwischendurch Post von mir und dann eine Einladung zur nächsten Rallye.

Wie stellen Sie ein Starterfeld zusammen?

Nun, bei den Zeitschriften wollten wir die Leser ansprechen, die sich und ihre Autos im Feld wiederfinden sollten. Bei den beiden derzeit von mir organisierten Rallyes in Baiersbronn und in Lech am Arlberg stehen die Gäste im Mittelpunkt.

Warum sind Ihnen Vorkriegsfahrzeuge so wichtig?

Damit wollen wir den Zuschauern ein rollendes Museum bieten. Solche Raritäten sieht man heute sonst nicht mehr auf der Straße.

In der Regel gibt es mehr Anmeldungen als freie Plätze. Nach welchen Kriterien vergeben Sie die Startplätze?

Ich versuche, etwa ein Drittel Vorkriegsfahrzeuge an den Start zu bringen und dazu entsprechende Anteile aus den 1950er, 1960er und 1970er Jahren. Außerdem sehen wir gern auch neue Gesichter und wechselnde Autos. Etwa 50 Prozent der Teilnehmer sind Vorjahresteilnehmer, die anderen erstmals dabei.

Im Ablauf ähneln sich die meisten Oldtimer-Rallyes. Wie versuchen Sie, ihnen einen jeweils eigenen Charakter zu geben?

Die Unverwechselbarkeit versuchen wir mit den regionalen Besonderheiten zu schaffen. Bei der Arlberg Classic wuchern wir etwa mit dem Pfund von vier Ländern – Österreich, Deutschland, der Schweiz und Liechtenstein. Bei der Baiersbronn Classic stellen wir den Genuss der gehobenen Gastronomie in den Vordergrund, dazu die wunderschönen Touren durch den Schwarzwald und die Weinberge in der Ortenau.

Wie muss in Ihren Augen eine perfekte Route aussehen?

Die Strecke wird nach der Schönheit der Landschaft ausgesucht. Eine Tagesetappe sollte nicht länger als 200 bis 220 Kilometer sein, sofern man Vorkriegsfahrzeuge dabei hat. Aber mitunter müssen wegen bestimmter Sachzwänge doch etwas größere Entfernungen zurückgelegt werden. Wir müssen den Ort für die Mittagspause ansteuern oder samstags den Touristenströmen ausweichen oder aber eine Baustelle umfahren, die bei der ursprünglichen Planung der Strecke noch nicht da war.

So ein Teilnehmerfeld ist ja eine bunte Karawane. Gibt es sinnvolle Mindest- und Höchstgrenzen an Fahrzeugen?

80 ist die untere Grenze, weil das Ganze sonst finanziell nicht aufgeht. Mehr als 120 Autos sollten es nicht sein, damit sich das Feld nicht zu weit auseinanderzieht. Die Leute im hinteren Drittel sollten die im vorderen etwa bei der Mittagspause zu Gesicht bekommen. Es geht ja auch um die menschlichen Kontakte. Schließlich müssen auch die Parkmöglichkeiten und die Raumgrößen bei den Abendveranstaltungen bedacht werden.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie insgesamt bei der Vorbereitung und während einer Veranstaltung?

Da sind jeden Tag zwischen 200 und 250 Leute unterwegs, davon allein rund 40 Zeitnehmer.

Es gibt Menschen, die aus reinem Spaß an der Freude mitfahren, andere wollen um fast jeden Preis gewinnen. Wie hoch ist der Anteil der beiden Gruppen?

Etwa zehn bis 15 Teams jeder Rallye sind extrem ehrgeizig. Sie wollen nur gewinnen, alles andere ist ihnen egal. Die anderen fahren aus Freude mit, wobei sich natürlich alle über gute Ergebnisse freuen.

Solch eine Rallye ist ja Teamarbeit an Bord. Wo geht es harmonischer zu, zwischen zwei Männern, zwei Frauen oder wenn ein Paar gemeinsam unterwegs ist?

Es gibt in allen Mischungen Harmonie und Streit. Ich habe erlebt, wie langjährige Freundschaften und Ehen zerbrochen sind, aber auch das Gegenteil. Einmal hat ein Mann seine Freundin mitgenommen, weil sein Freund kurzfristig absagen musste. Der Fahrer sagte: „Wenn wir gewinnen, heiraten wir.“ Sie haben gewonnen.

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