China wird für Mercedes-Benz der wichtigste Markt

Schanghai · China könnte schon im kommenden Jahr der wichtigste Absatzmarkt für Mercedes-Benz werden. Derzeit sind es noch die USA. Das erklärte Dieter Zetsche, Vorstandschef der Daimler AG, auf der Automesse in Schanghai.

 Das Mercedes-Werk in China ist mit 3,8 Millionen Quadratmetern Fläche das weltweit größte der deutschen Premiummarke. Fotos: Daimler

Das Mercedes-Werk in China ist mit 3,8 Millionen Quadratmetern Fläche das weltweit größte der deutschen Premiummarke. Fotos: Daimler

 Dieter Zetsche

Dieter Zetsche

China ist der weltgrößte Automarkt mit über 18 Millionen Verkäufen im vergangenen Jahr. Aber die Boomzeiten scheinen zu Ende zu gehen, hört man immer häufiger. Künftig könnte sich der Verdrängungswettbewerb verschärfen. Dazu sagte Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG , im Gespräch mit unserer Zeitung, die Dynamik habe sich zwar etwas reduziert und das Wachstum verlangsamt. Jedoch sei der Markt zuletzt um immerhin zwölf Prozent gewachsen. Mercedes-Benz habe sogar um 18 Prozent zugelegt. "Wir sind voll zufrieden", betonte Zetsche.

Für Mercedes ist China zu einem der bedeutendsten Märkte geworden. Der deutsche Hersteller baut immer mehr Fahrzeuge in China, im Werk in Peking gemeinsam mit seinem chinesischen Partner Beijing Automotive Industry Holding (BAIC), einem der größten Automobilproduzenten in China. Letztlich will Mercedes mit dieser Kooperation Beschränkungen durch die chinesische Regierung entgehen. Denn diese hat bereits einiges unternommen, um die heimischen Marken zu fördern. Dieter Zetsche sagte, inzwischen würden zwei Drittel der in China verkauften Mercedes-Fahrzeuge auch in China produziert. "Aber wesentliche Zulieferungen aus Deutschland sichern auch hier Arbeitsplätze."

2014 hat Mercedes-Benz in China rund 270 000 Autos verkauft, für dieses Jahr sind 300 000 angepeilt. Etwa ebenso viele Fahrzeuge werde Mercedes in diesem Jahr in den USA verkaufen, sagte Zetsche, aber schon 2016 werde China voraussichtlich der größte Markt vor den USA. In Deutschland hatte Mercedes-Benz im vergangenen Jahr 261 050 Autos verkauft, in den USA 330 391 und in China 281 588. Weltweit waren es insgesamt 1,65 Millionen.

Das kürzlich erweiterte Mercedes-BAIC-Werk in Peking hat 3,8 Millionen Quadratmeter Fläche; damit ist es jetzt größer als das Werk Sindelfingen, das 2,95 Millionen Quadratmeter Fläche aufweist. Mercedes-Benz baut in Peking Langversionen der C-Klasse und der E-Klasse, den Mittelklasse-Geländewagen GLK und neuerdings auch den GLA, ein kompaktes SUV auf Basis der A-Klasse. Hinzu kommen Vier- und Sechszylindermotoren. Weitere Modelle werden laut Zetsche folgen. Bis Ende des Jahres soll die jährliche Produktionskapazität im Pekinger Werk auf 250 000 Fahrzeuge erhöht werden. Ende 2014 lag sie bei 146 000 Autos.

Den Plug-in-Hybridantrieb sieht Zetsche als einen bedeutsamen Schritt hin zum vollelektrischen Auto. In chinesischen Städten ergibt sich allerdings das Problem, dass viele Menschen in Hochhäusern wohnen und keine Garagen und Möglichkeiten zum Aufladen der Batterien haben. Da in Kürze Verbesserungen bei der Reichweite von Batterien für Elektroautos zu erwarten seien, trete die Technik des Wasserstoffantriebs und der Brennstoffzelle etwas in den Hintergrund, so Zetsche. Auch bei den Ladezeiten der Elektroauto-Batterien seien Fortschritte möglich, doch weiterhin eigne sich das Elektroauto nicht für die Langstrecke.

In China ist zu beobachten, dass sich etliche Fahrer, insbesondere großer Wagen, ziemlich aggressiv verhalten. Da könnten autonome Autos, die selbstständig fahren, die Situation entspannen. Autonomes Fahren bringe den größten Vorteil in Ballungsgebieten, vor allem im Berufsverkehr mit ständigen Staus und stundenlangem Stop-and-go, erklärte Dieter Zetsche. Derzeit seien die Chinesen an dieser neuen Technologie zwar interessiert, verhielten sich aber abwartend. Das sei aber auch in anderen Ländern so. Die neuen Technik berge noch Risiken, die Systeme könnten auch viele Fehler machen, die der Mensch nicht macht.

In einer ersten Stufe des autonomen Fahrens könnten Autos bei Tempo 100 auf der Autobahn automatisch "mitschwimmen", vorausgesetzt der Fahrer wünsche es. Sobald Widrigkeiten, wie etwa starker Regen oder Schneefall, aufträten, würde der Fahrer dazu aufgefordert, das Steuer selbst zu übernehmen. Dass die Internet- und Computerfirmen Google und Apple schon bald selbstständig fahrende Autos in eigener Regie bauen, glaubt Zetsche nicht. Der Daimler-Chef begrüßt jedoch ausdrücklich den "offenen Wettbewerb".

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