Automobil Assistenzsysteme nerven immer mehr Fahrer

Stuttgart · Sicherheitsassistenten greifen oft ruppig ein oder arbeiten sogar fehlerhaft. Viele Autofahrer schalten sie daher einfach ab. Der EU passt das gar nicht.

 Im Fahrer-Display einer S-Klasse wird angezeigt, dass der Spurwechsel-Assistent aktiviert ist. Er unterstützt beim Lenken auf die Nachbarspur.

Im Fahrer-Display einer S-Klasse wird angezeigt, dass der Spurwechsel-Assistent aktiviert ist. Er unterstützt beim Lenken auf die Nachbarspur.

Foto: Daimler AG

(np) Eigentlich sollen Assistenzsysteme im Auto den Straßenverkehr sicherer machen. Doch nach Beobachtung der Zeitschrift Auto, Motor und Sport schalten Autofahrer einzelne Funktionen der Assistenzsysteme immer häufiger ab. Als Grund dafür wird der zum Teil gravierende Eingriff der Assistenzsysteme ins Fahrgeschehen genannt, das die Fahrer irritiert. Beispielsweise zerren Spurhaltesysteme unnötig an der Lenkung, Tempomaten übernehmen falsche Geschwindigkeiten, Pre-Safe-Programme schocken mit Fehlauslösungen. Bei schlechten Fahrbahngegebenheiten, schlechtem Wetter und Dunkelheit nehmen fehlerhafte Eingriffe zu. Das hat ein Vergleichstest Von Auto, Motor und Sport mit sechs Fahrzeugen gezeigt.

Getestet wurden die Assistenzsysteme im Audi A6 Avant, BMW 3er, Kia Niro, Mercedes-Benz A-Klasse, Porsche Cayenne und Volvo V90. Es zeigte sich dass die Assistenzsysteme im Hellen, bei guten Wetter- und Straßenverhältnissen, guten Markierungen und übersichtlichen Beschilderungen meist gut zurechtkommen, wenngleich es auch da Schwächen gibt.

So schaltet sich die aktive Lenkunterstützung des Volvo bei mehr als 130 km/h und in Kurven oft unvermittelt ab. Andere Systeme greifen beim Überfahren von Markierung recht harsch ins Fahrgeschehen ein oder müssen mit hohem Kraftaufwand vom Fahrer übersteuert werden. Nicht zuverlässig funktioniert die Verkehrszeichenerkennung. Bei manchen Modellen, wie dem Audi A6, wird die Kameraerkennung durch Cloud- und Navigationsdaten überstimmt, die aber nicht immer aktuell sind. Bei schwierigen Bedingungen werden Markierungen oder Grenzsteine kaum oder gar nicht mehr erkannt, ebenso Verkehrsschilder.

In der A-Klasse von Mercedes steigt in starken Kurven die Lenkhilfe unvermittelt aus. Noch irritierender sind die Bremseingriffe, wenn das Fahrzeug die Spur verlässt. Dabei greift das System von Mercedes-Benz trotz gleicher Testbedingungen unterschiedlich ein. Manchmal erfolgt nur ein leichter Lenkeingriff, dann bremst der Wagen ab, beim nächsten Mal ignoriert das System die Abweichung.

Kein Wunder also, dass Autofahrer zunehmend Teile der Assistenzsysteme nicht nutzen wollen. Doch das wird immer schwieriger. So will die EU das einfache Abschalten per Tastendruck abschaffen. Ab dem 6. Juli 2022 muss ein Autofahrer die Abschaltung in neuen Modellen zusätzlich bestätigen, zwei Jahre später betrifft die Regeländerung alle neuzugelassenen Pkw.

Schlimmer noch: Diese Abschaltungen dürfen damit nicht mehr dauerhaft gelten, sondern müssen bei jeder Fahrt erneut eingegeben und bestätigt werden. Und auch die Abschaltung mehrerer oder gar aller Assistenten über einen Taster, wie das mehrere Hersteller anbieten, soll verboten werden. Künftig müssen alle unerwünschten Assistenten einzeln und nacheinander abgeschaltet werden.

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